"Aida" an der Wiener Staatsoper: Promi-Debütanten im Goldrausch

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Anna Netrebko, Jonas Kaufmann und Elīna Garanča versammelten sich bei der Wiederaufnahme der Verdi-Oper und zeigten höchst unterschiedliche Leistungen.

Am Nil regiert seit 38 Jahren liebenswerte Muffigkeit: In Nicolas Joëls "Aida"-Inszenierung an der Wiener Staatsoper stapeln sich die monumentalen Ägyptenfragmente, hinter denen man Liz Taylor und Richard Burton hervorlugen glaubt. Eine Wiederaufnahme dieser Verdi-Arbeit, die goldschwanger wie die Villa eines russischen Oligarchen daherkommt, wäre an sich also nicht erwähnenswert - wenn sich nicht derart klingende Namen wie am Samstag auf der Bühne zum Debütantenball treffen.

So versammelten sich bei der 125. Aufführung der Inszenierung erstmals in ihren Rollen am Ring Anna Netrebko, Jonas Kaufmann und Elīna Garanča, die gar ihr persönliches Rollendebüt als Amneris feierte. Und die 46-jährige Lettin machte die ägyptische Prinzessin zu einer typischen Garanča-Figur. Das vehemente Forte sitzt ebenso präzise wie das klagende Piano, der Mezzo darf in dunkler Tiefe seine Urgewalt ebenso unter Beweis stellen wie in sinnlicher Höhe. Emotional bleibt diese Amneris dennoch gewohnt reduziert, keine wilde Furie, sondern eine kontrollierte Figur.

Netrebko als versklavte Kriegsgefangene Aida

In jeder Hinsicht hierzu der Kontrast ist Anna Netrebko als blonde Äthiopierin mit dramatisch langer Schleppe, die sich beim Drehen stets dramatisch werfen lässt. Während Auftritte der Russin und Wahlwienerin in manchen Ländern ob ihrer unklaren Haltung zum Angriff auf die Ukraine von Protesten begleitet werden, ist das Wiener Publikum seiner Anna treu. Die 51-Jährige ist als versklavte Kriegsgefangene Aida, die zwischen ihrer Liebe zu Radames, dem Feldherrn der verfeindeten Ägypter, und ihrem Patriotismus hin- und hergerissen ist, allerdings auch nach wie vor eine stimmliche Idealbesetzung. Zur Inszenierungsstilistik passende güldene Tiefe paart sich bei Netrebko mit feiner Höhe, die sie flexibel berührend einzusetzen weiß.

Just in dieser Kategorie weist Jonas Kaufmann in weiter Kutte mit Edelmetallstirnband mittlerweile Schwächen auf. Der 53-jährige Publikumsliebling kann die Höhe nicht mehr so leicht anspielen, der legendäre Schmelz besitzt nicht mehr die strahlende Selbstverständlichkeit von einst. Selbstredend weiß der Tenor seinen Radames nach wie vor mit Erfahrung und Souveränität durch einen Abend zu führen, erste Ermüdungserscheinungen der Stimme sind dennoch nicht zu überhören.

So gab es am Ende solides Liebesleid, aber keine göttliche Offenbarung im Säulenwald am Nilufer. Die Wellen des Applauses schwappten aber dennoch verlässlich vom Zuschauerraum auf die Bühne. Und dass auch die Folgevorstellungen bis 24. Jänner restlos ausverkauft sind, versteht sich von selbst. 

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