'Ciao'

Neue Wanda-CD: Sie singen über Geld & Gerda Rogers

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Wanda: Am 6.9. kommt die neue CD 'Ciao'. Das Interview über Erfolg, Drogen und Politik. 

Im Jahr 2014 traten die Wiener Strizzi-Rocker von  Wanda  mit der Mitgröl-Hymne „Bologna“ eine Austropop-Revolution los. Fünf Jahre später sind sie noch immer die wichtigste Band des Landes, was sie am 6. September mit der neuen CD „Ciao“ eindrucksvoll unterstreichen. Das Interview über Erfolg, Drogen und Politik.

Ihre neue CD heißt „Ciao“. Das klingt auch ein bisschen nach Abschied?

Marco Wanda: Oder es ist eine Fragestellung: Wo gehen wir hin, in welche Welt – wird es eine bessere oder eine schlechtere Welt? Es kann auch Begegnungseuphorie sein oder Abschiedstrauer, auf jeden Fall eine Überfahrt in eine neue Zeit. Für uns und für die Welt.

Nach drei Hit-Alben liegt die Erfolgs-Latte hoch. Wäre Platz 2 schon eine Niederlage?

Wanda: Es geht wie im Fußball für uns mehr um den Klassenerhalt. Wenn wir das, was wir lieben, noch weiterhin tun dürfen, dann ist das Ziel erreicht. In Superlativen haben wir nie gedacht. Erfolg ist eher etwas, das man passiv aufnimmt. Das einfach passiert, steuerbar ist hier überhaupt nichts, aber wir spielen schon um den Meistertitel in Österreich mit.

Zuletzt haben Sie unsere Frage „Wo stehen Wanda im Austropop?“ mit „An der Spitze, und das ist furchtbar langweilig“ beantwortet. Ist das denn noch immer so?

Wanda: Jetzt gibt es Konkurrenz! Es sind einige unserem Ruf gefolgt und es wird auf jeden Fall spannend. Die Bundesliga hat jetzt ein paar andere Mannschaften, die auch um den Titel spielen.

Stichwort Fußball: Angeblich überlegen Sie eine Trainerausbildung?

Wanda: Wollen wir mal nichts verschreien. Ich glaube, ein anderes Leben wird sich sowieso nicht ausgehen, und auf der Bühne zu stehen ist im Moment alles, worüber ich mir Gedanken mache.

Auf der Bühne ist u. a. zwei Mal in der Stadthalle. Warum nicht gleich im Stadion?

Wanda: Die Stadthalle ist mittlerweile so etwas wie ein Wohnzimmer für uns. Wir haben dort große Erfolge gefeiert und spüren da unser Wien, das kommt uns dann entgegen und euphorisiert.

Sind Sie erfolgsverwöhnt?

Wanda: Es ist immer die Frage, inwieweit man den Erfolg in sein Leben lässt. Ich weiß nicht, ob wir den Status eines Prominenten besitzen. Ich sehe uns mehr als Schamanen für diese Öffentlichkeit und als Projektionsfläche für alles Mögliche. Ich bin ein bisschen blind für Erfolg.

Auf der CD singen Sie auch „Ich bin ein sonderbarer Mensch“. Sind Sie das denn?

Wanda: Ich glaube, alle Menschen haben ihre Eigenheiten und sind im Moment etwas in ihrer Mündigkeit verloren. Mir geht es eigentlich nicht anders. Im Zweifelsfall bin ich sicher ein sonderbarer Mensch. Das singt ein Es, also ein Ich in mir. Thomas Bernhard hat das Rollenprosa genannt. Einen Text zu schreiben geht eher ins Spirituelle, als dass man eine Deutungshoheit hätte. Also wer da was singt in mir, werde ich wahrscheinlich nie verstehen.

Dazu gibt’s einen Song für Gerda Rogers …

Wanda: Gerda Rogers ist ja auch so eine schamanistische Figur. Sie ist ja praktisch ein Medizinmann für die Öffentlichkeit. Grundsätzlich ist der Rest dieses Liedes schierer Nonsens und Wahnsinn. Ich halte es für ein sehr wütendes Lied, das sich darum bemüht, intuitiv zeitgeistig zu sein.

Zeitgeist zeigen Sie auch mit der aktuellen Single „Nach Hause gehen“. Das klingt ja fast wie Bilderbuch …

Wanda: Das wäre mir nicht aufgefallen (lacht). Das ist ein Lied, das sich unter dem Motto „schmeiß das Handy weg und geh ins Leben“ mit der Suche nach geistiger Heimat beschäftigt.

Hand aufs Herz: So einen schrägen Song wie „Swing Shit Slide Show“ kann man doch nicht nüchtern schreiben …

Wanda: Erstaunlicherweise schon, auch die ganze Platte. Die klingt wahrscheinlich nach unserer berauschtesten Platte, aber wir haben so wenig Drogen wie noch nie zuvor genommen. Ich hab nicht viel Spirituelles im Leben, aber Musik schreiben und machen ist für mich Spiritualität. Ich versuche, Geschichten zu erzählen. Meine eigenen und die Geschichten anderer Menschen, weil sie mich bewegen, weil sie mich berühren.

Wie fördert man dieses Talent?

Wanda: Liebe, Freundschaft, Familie, geistige Offenheit, keine Grenzen setzen, keine akzeptieren, wach bleiben. Ja, das ist es – und nicht abheben. Immer knapp über dem Boden, aber nicht abheben.

Ihren Namenskollegen Marco Pogo zieht es mit seiner Bierpartei jetzt auch in die Politik. Würde Sie das auch reizen?

Wanda: Irgendwie nicht. Nein. Ich verstehe uns auch nicht als politische Gruppe. Ich bin bemüht, Menschen zusammenzuführen, die sich nicht kennen, und ich möchte, dass sich Menschen in dieser Gesellschaft gegenseitig körperlich erleben. Im geistig orgiastischen Sinn, aber auch körperlich. Das gelingt uns seit mehreren Jahren. Das ist meine Politik: eine Politik der Seele und des Körpers.

Wie sieht eigentlich Ihr Alltag aus? Werden Sie ständig auf der Straße erkannt?

Wanda: Ich finde es angenehm. Es rührt mich und es ehrt mich. Die Menschen, denen wir im Leben begegnen, sind sehr höflich. Da gibt es zum Glück keine Hysterie. Da verliert niemand das Bewusstsein und sackt in sich zusammen und schreit: „Oh, der Wanda!“

Aber man sagt „der Wanda“ und nicht der Marco …

Wanda: Ja, ich bin alles für die: Ich bin der Michi, der Marco. Der Markus habe ich auch schon gehört. Der Roman, alle Namen. Aber das passt. Ich fühle mich geehrt, denn diese Leute ermöglichen uns unser Leben. Wanda ist eine Band, die Menschen um sich braucht, sonst funktioniert das Projekt nicht. Es geht darum, soziale Grenzen zu überwinden und Menschen zusammenzuführen. Und das können nie genug sein, gerade jetzt.

Ist es Fiktion oder doch die Wahrheit, wenn Sie singen: „Ich habe so viel Geld“?

Wanda: Also reich macht uns das, was wir tun nicht. Reich wirst du in Deutschland, wenn das irgendwann durch die Decke geht, aber dann hat man halt auch andere steuerliche Probleme. Ich bin ganz zufrieden!

Thomas Zeidler

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