Sind Männer wirklich lieber graue Mäuse, oder können die Designer sie im Frühjahr von starken Farben überzeugen?
Männer mögen Farben. Solange sie Dunkelblau oder Steingrau heißen. Alles Bunte jedoch ist den meisten Herren suspekt. Lieber bleibt er unsichtbar. Doch das war nicht immer so. Über viele Jahrhunderte hinweg wetteiferten beide Geschlechter um das prächtigste Gewand. Zwar hat nun dieser Sommer wieder reichlich Farbe für Männer im Angebot, doch ungewiss ist, ob viel davon auch auf die Straße dringen wird.
Designer beklagen sich
Es scheint, als ob die moderne
Gesellschaft Charakter und Persönlichkeit verloren hat und sich stattdessen
mit dunkler Kleidung "in der eigenen Angst verkriechen" wolle, beklagt der
italienische Designer Kean Etro. Die Marke, die seinen Nachnamen trägt, ist
bekannt für ihre prächtigen Farben und opulenten Muster.
Der Adel tieb's bunt
Noch bis ins 18. Jahrhundert betrieben Mann
und Frau, zumindest die der herrschenden Eliten, einen ähnlichen Aufputz
ihrer Garderobe. Dann jedoch geriet Europa unter den Einfluss bürgerlicher
Ideale. Protz und Prunk lagen plötzlich nicht mehr im Zeitgeist. Mode kam
nun stattdessen von unten. Auf Distanz zum Adel gehend, wählte das
aufstrebende Bürgertum als Tagesgarderobe einen schlichten Tuchrock.
Nur die Krawatte war farbig
Spielte Farbe dabei anfangs durchaus
noch eine Rolle, verschwand sie im 19. Jahrhundert fast vollständig aus der
männlichen Garderobe. Immer kleiner wurden die Flächen, die man bunten
Tupfern zugestand. Waren zu Beginn jener Epoche noch die Westen bunt und
gemustert, sollten alsbald höchstens per Krawatte dezente Farbsignale
ausgesendet werden.
Farbe bedeutet Müßiggang?
Das Zeitalter der
Industrialisierung brachte eine neue Elite hervor, den Unternehmer, und eine
neue Sozialethik. Reichtum und Ansehen beruhten nun nicht auf einem ererbten
Titel sondern auf Tatkraft. Arbeit ist Lebensinhalt. Farben und Zierrat
galten fortan als Ausdruck von Müßiggang.
Grau/Schwarz/Beige ist leichter zu kombinieren
Außerdem ist es
leichter, sich in neutralen Tönen zu kleiden. Man muss die Kleidungsstücke
nicht groß aufeinander abstimmen. Und das spart Zeit. Und wenn es dann etwas
bunter wird, gelingt das nicht immer geschmackssicher.
Ist Farbe Frauensache?
Das Thema Farbe ist zweifelsohne stark
weiblich besetzt. Viele Männer haben ganz einfach Angst davor, dass sie zu
feminin wirken könnten, erkennt Lale Aktay, Modechefin des in München
erscheinenden Männermagazins "FHM". Denn die Frau durfte sich ja auch in der
industrialisierten Gesellschaft schmücken. Allerdings, je mehr sie
ihrerseits eine seriöse berufliche Karriere anstrebt, übernimmt sie dann
ebenfalls zumindest im Job einen eher nüchternen Dresscode.
Heuer hat der Mann die Wahl
In diesem Sommer nun hat der Mann,
theoretisch zumindest, die Wahl. Es gibt zarte Pastelltöne, knallig-klare
Farben und auch Neon. Allerdings werden sie zumeist im sportiven Teil der
Garderobe eingesetzt. Und wie geht der eher unsichere Mann am besten mit
diesem Thema um? Er sollte ein farbiges Accessoire wählen, vielleicht einen
Gürtel oder die Schuhe, empfiehlt Lale Aktay als Einstieg in die Welt des
Bunten.