"Unechte" Marken

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Terminator vernichtet gefälschte Markenmode

"Nein, nicht Gucci!" Der ironisch-entsetzte Ruf eines Passanten am Linzer Hauptplatz zeigte Samstagmittag jedoch keine Wirkung: Über ein Fließband wurde das T-Shirt mit dem bekannten Markennamen in den "Terminator 5000 S" befördert. Und der machte kurzen Prozess: Nur kleine Schnipsel kamen am anderen Ende des überdimensionalen Reißwolfes wieder heraus.

Vernichtung von gefälschter Ware
Die Vernichtung war rechtens - denn das vermeintliche Marken-T-Shirt war gefälscht. Und wie Tonnen um Tonnen an gefälschten Gütern, die jährlich vom Zoll beschlagnahmt werden, musste es daher vernichtet werden - eine sonst im verborgenen ablaufende "Vernichtungsaktion", die das Computerkunstfestival Ars Electronica an die Öffentlichkeit zur Diskussion herantrug.

Lacoste Krokodil im Reißwolf
Hohe Gitterzäune umgeben das Areal am Hauptplatz, auf dem der "Terminator" sich langsam durch fünf Tonnen an gefälschten Gütern arbeitet. Denn nicht wenige Passanten kriegen bei den vielen Zigaretten, die stangenweise zerstört werden, sowie Kleidungsstücken mit Krokodilen, drei Streifen und anderen Markenkennzeichen, die eins nach dem anderen im Reißwolf verschwinden, große Augen. Dass es nicht rechtmäßig wäre, diese Güter zu besitzen, spielt dabei offenbar keine so große Rolle.

Jeder Vierte besitzt Fälschungen
Bekannt ist: Produktfälschung passiert in großem Ausmaß. Den europäischen Konsumgüterherstellern entsteht durch Produkt- und Markenpiraterie jährlich ein Schaden von rund 35 Mrd. Euro, ergab kürzlich eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Das entspricht etwa zwei Prozent des gesamten Jahresumsatzes. Zollbeamte der EU-Mitgliedsstaaten haben 2007 mehr als 79 Mio. Nachahmungen bzw. Fälschungen sichergestellt. Andererseits hat jeder Vierte in der Befragung selbst angegeben, gefälschte Konsumgüter zu besitzen.

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Ist die Vernichtung absurd oder gerechtfertigt?
Die Ars Electronica, die sich heuer unter dem Motto "A New Cultural Economy" mit den Grenzen geistigen Eigentums beschäftigt, will mit der Aktion am Linzer Hauptplatz nun zweierlei zur Diskussion stellen: Einerseits, wie weit der Schutz von Markenrechten und damit von Unternehmensinteressen über das Gemeinwohl gestellt werden soll. Denn dass neuwertige Kleidungsstücke einfach vernichtet werden müssen - so ist laut Ars Electronica-Chef Gerfried Stocker die Gesetzesvorgabe -, ist angesichts so vieler notleidender Menschen in Europa und anderswo nichts anderes als "absurd", wie Stocker gegenüber der APA sagte. Dabei wäre es auch keine Lösung, einfach die Marken-Labels zu entfernen, um so die Kleidung an Hilfsorganisationen weitergeben zu können. Denn auch u.a. die Schnittmuster können geschützt sein.

Es wird hämisch gegrinst
Andererseits sollen sich die Passanten auch selber bewusstwerden, wie weit - oder besser: wenig weit - ihre Achtung vor dem geistigen Eigentum geht. Das hämische Grinsen, mit dem die Ars Electronica-Mitarbeiter jedes einzelne Stück den Passanten hinter dem Zaun unter die Nase reiben, bevor es vernichtet wird, zeigt: "Wir glauben fast ein Recht zu haben, gefälschte Mode besitzen zu dürfen", sagte Stocker. Dabei ist der "Terminator" sogar auf Sparflamme eingestellt: Bis zu 100 Tonnen könnte er pro Stunde vernichten. Es ist ein sonst geheimes Geschäft, das mit dem "Terminator" erledigt wird - wovon auch der Schriftzug "secret. service" auf den Lastwägen des ausführenden Unternehmens zeugt.

Passanten geben ihre Kleider nicht her
Heute war es nicht so "secret", sondern sorgte am umgebenden Flohmarkt für eine surreale Note. Ein Ars Electronica-Mitarbeiter fragte Passanten, ob sie auch etwas Gefälschtes tragen und sich gerne davon "erleichtern" würden. Großen Erfolg hatte er damit nicht.

Foto: (c) Gucci

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