Schicker Altbau mit Loftcharakter

Homestory 45

Schicker Altbau mit Loftcharakter

Müssen Architekten immer in einem unterkühlten und bis ins kleinste Detail perfektionierten Ambiente wohnen? Ganz und gar nicht. Der beste Beweis dafür ist die Wohnung von ­Renate Allmayer-Beck: ein Traum von einem Stilaltbau in einem Wiener Innenstadtpalais – geschickt und mit einem guten Gespür für Raum zu einer Art Jahrhundertwende-Loft umgebaut. „Dem Raumerlebnis würde ich immer den Vorzug geben, auch mit weniger Staumöglichkeit.“ So beschreibt die diplomierte Architektin Allmayer-Beck ihre Idealvorstellung vom Wohnen. Doch die Frage, ob sie das Domizil ihrer Familie nach eigenen Entwürfen gestaltet habe, verneint sie mit einem herzlichen Lachen. „Das hat mein Mann schon besorgt, bevor ich in sein Leben getreten bin.“ Nachsatz: „Natürlich habe ich mich erst in meinen jetzigen Mann verliebt. Doch auch seine Wohnung hat mir von der ersten Sekunde an sehr gut gefallen.“ Kein Wunder: Schließlich hat die Wohnung die stolze Fläche von 160 Quadratmetern. Ein wenig von ihrem eigenen Stil hat Frau Architektin im Lauf der Jahre trotzdem ins Familien­domizil eingebracht. „Ich habe für unsere Kinder Möbel entworfen, und auch der Einbau der Galerie im Kinderzimmer war meine Planung“, erzählt die Architektin. Die Galerie wurde notwendig, damit Sohn Max und Tochter Marie jeweils einen in sich geschlossenen Bereich zum Leben haben.

Zwei besonders große Wohnräume bilden den zentralen Lebensmittelpunkt: Statt ­durch eine für die damalige Zeit typische Doppelflü­geltür wurden die beiden gro­ßen Salons durch einen wand­hohen freien Durchgang verbunden. Dadurch ist ­eine lange Flucht entstanden, die der Wohnung den Hauch eines Loftcharakters verleiht: Ein Teil ist für Essen und Kochen da, der andere wird zum Wohnen und Arbeiten genutzt. Für den gemütlichen Teil des Tages sorgt ein offener Kamin mit einer dekorativen Umrandung aus Stuck. Kleines Detail am Rand: Die Nischen in den schmalen Trennwänden links und rechts vom Durchgang wurden sinnvoll für eingebaute Bücherregale genutzt.

„Noch eine wesentliche Kleinigkeit habe ich bei meinem Einzug verändert“, fällt Renate Allmayer-Beck im Gespräch ein. „Die Vorhänge vor den wunderbaren Kassettenfenstern habe ich abgenommen.“ – Warum? – „Zum Wohnen gehört möglichst viel natürliches Licht. In Verbindung mit der überdurchschnittlichen Raumhöhe erzeugt dies das Gefühl einer gewissen Freiheit“, führt sie aus. Die neugierigen Blicke von gegen­über spielen dabei offenbar keine Rolle. Die Freiheit des Wohnens scheint an erster Stelle zu stehen. Womit wir bereits beim Lieblingsthema eines jeden Architekten wären, nämlich der ewigen Grundsatzfrage nach dem Menschen und dem Wohnen an sich. Dass es Renate Allmayer-Beck weniger auf das repräsentative Zurschaustellen in den eigenen vier Wänden ankommt, ist mittlerweile klar. Vielmehr lautet das Wohncredo der Architektin: „Jeder sollte versuchen, die eigene Persönlichkeit in seine Wohnung einzubringen, möglichst unbelastet von modischen Strömungen oder Pflichtaccessoires aus den Werbestrecken der Hochglanzmagazine.“

Familie Allmayer-Beck lebt diesen Grundsatz beinahe exemplarisch: Nur die notwendigsten Möbelteile finden sich in den Räumen wieder. Diese sind zwar vom Stil und der Art her bunt ­zusammengewürfelt, fügen sich aber trotzdem zu einem gelungenen Ganzen zusammen. Etwa die giftgrüne Couch mit dem hellbeigen Wohnzimmertisch aus Marmor. Oder die alten Sessel in Verbindung mit den Schränken aus der Jahrhundertwende. Selbst die einfache Schreibtischkonstruk­tion aus einer Holzplatte mit handelsüblichen Böcken fügt sich nahtlos in das Ensemble – und präsentiert sich als Ausdruck der Persönlichkeit.

Funktionell und genauso un­repräsentativ wurde die Küche gehalten. Korpusse aus schwarz lackiertem Holz erstrecken sich über die ganze Länge des zum Esszimmer hin halb offenen Raums und bieten besonders viel Arbeitsfläche. Auf Hängeschränke wurde bewusst verzichtet, „auch wenn damit der Stauraum erheblich verkleinert wurde“. Auch eine modische Esse aus Stahl sucht man vergeblich. Eine einfache wandweiße Konstruktion lässt den notwendigen Dunstabzug im Nichts verschwinden. Doch dieser hat durchaus seine Berechtigung, nicht nur wegen der offenen Küche. Renate Allmayer-Beck: „Bei uns kochen alle oft und viel und mein Sohn am allerliebs­ten.“ So stehen auch viele Gewürze und andere Zutaten jederzeit stets griff­bereit auf einem schma­len Regal und bilden im sachli­chen Küchenbereich ­einen gemütlichen farblichen Kontrast.

Apropos Kontraste: Viele Farben finden sich in der allmayer-beckschen Wohnung in zahlreichen Schattierungen – die Wände ausgenommen. Nur diese erstrahlen allesamt in perfektem Weiß. Denn so kommen die unzähligen Kunstwerke perfekt zur Geltung, die im Lauf der Jahre das Herz der Bewohner erobert haben. Modernes ausschließlich, denn alte Bilder würde sich das Ehepaar nach eigenen Worten nie daheim aufhängen. Allerdings gibt es eine einzige Ausnahme: Dutzende antike Globen wurden dekorativ zu Gruppen angeordnet. Schließlich ist Ehemann Peter Allmayer-Beck ein international anerkannter „Globologe“ …

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