In einer Zeit, in der der Klimawandel voranschreitet und die Energieversorgung immer teurer wird, stellen sich Christian Rakos (GF von proPellets Österreich) und Matthias Schickhofer (Aktivist, Autor & Fotograf) mit Sebastian Bohrn Mena der Frage „Dürfen wir noch mit Holz heizen?“
Grundsätzlich lautet die Antwort auf diese Frage beider Diskussionspartner: „Ja!“. Denn auch nach Gesprächen und Abstimmungen im europäischen Parlament ist die Verbrennung von Holz oder Pellets zur Wärmeerzeugung nicht verboten.
Abstimmung im EU-Parlament
Matthias Schickhofer erklärt, dass vor allem „Taxonomy“ und Richtlinien für erneuerbare Energien in Brüssel besprochen wurden. „Taxonomy“ beschreibt in diesem Fall welche Investitionen als förderwürdig eingestuft werden – zum Beispiel in Hinsicht auf Energieerzeugung durch Atomkraftwerke, Gas und Biomasse. Nach einer Abstimmung im europäischen Parlament wird allerdings erntereifes Holz in bestimmten Fällen nicht mehr als förderwürdig, beziehungsweise als nicht erneuerbar eingestuft. Dies hat vor allem mit dem voranschreitenden Klimawandel und der hohen Anzahl an Monokulturen zu tun. Wichtig ist allerdings zu erwähnen, dass sich dies nicht unbedingt auf das Heizen mit Holz bezieht, sondern eher auf die Verwendung von Holz in großen Kraftwerken.
Der Pellets-Boom in Österreich
In den letzten Jahren verzeichnet die Pellets-Industrie in Österreich große Zuwächse. Vor allem jetzt, wo die Gas- und Ölversorgung zunehmend unsicherer wirkt, wählen viele Menschen die Option mit Pellets zu heizen. Christian Rakos erklärt, dass auch das Vertrauen der Bevölkerung in eine lokal produzierte Energiequelle hinter diesem Anstieg an Verkäufen steht. Bezüglich der neuen EU-Bestimmungen macht sich der Geschäftsführer von proPellets wenig Sorgen, da die Pellets in Österreich zu einem großen Teil aus Sägeresten produziert werden, und das europäische Parlament nicht über diese Holzreste diskutiert, sondern über den generellen Einsatz von Holz in der Industrie. Rakos meint außerdem, dass die Grundlage der Pellets-Produktion immer eine nachhaltige Forstwirtschaft sein muss.
Die Krise der Ökosysteme
Laut Matthias Schickhofer gibt bei dieser Thematik im Moment zwei Krisen – die Klimakrise und die Krise der Ökosysteme. Beide dieser Krisen sind für die Menschheit wie wir sie kennen potenziell letal. Der Klimaschützer sagt, dass die CO2-Emmissionen und die Verbrennung von CO2-haltigen Brennstoffen unbedingt reduziert werden müssen. Das gilt vor allem für fossile Brennstoffe wie Öl und Kohle, doch auch die Verbrennung von Holz, welches CO2 enthält stellt ein großes Problem für die Umwelt dar. In Großkraftwerken in der ganzen Welt werden teilweise Pellets verwendet, die aus dem Holz der Urwälder Kanadas oder Skandinaviens gewonnen wurden. Dieses Problem gibt es auch in Österreich. Schickhofer übt Kritik an der Industrie als Ganzes und erklärt, dass das Heizen mit Holz in Einfamilienhäusern in Österreich ein ganz anderes Problem ist.
Ökologische Nutzung in der Industrie
Um eine ökologische Nutzung von Holz in Österreich zu garantieren, gibt es laut Christian Rakos etablierte Zertifizierungssysteme. So müssen unter anderem folgende Fragen beantwortet werden: „Wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet?“ und „Ist die Gesamtmenge an Holz sukzessiv verschwindend oder wachsend?“. In Europa wächst die Gesamtfläche an Wäldern, auch wenn über die Qualität diskutiert werden kann. Der Geschäftsführer von proPellets erwähnt außerdem, dass nicht aus jedem Baum ein Brett, ein Balken, oder Baumaterial gemacht werden kann. Jene Bäume, die dafür nicht qualifiziert sind, werden anderwertig verwendet – zum Beispiel als Energiequelle.
Die Definitionen der Nachhaltigkeit
Der Naturschützer Matthias Schickhofer meint, dass es zwei Definitionen der Nachhaltigkeit der Waldnutzung gebe. Die erste beziehe sich auf die Menge, also auf das Prinzip, dass man nicht mehr Holz aus dem Wald herausnehme, als was nachwächst. Christian Rakos erklärt, dass – nach dieser Definition – die Forstwirtschaft in Österreich nachhaltig bewältigt werde, denn bis zu 100.000 Kubikmeter Holz wachsen pro Tag in den österreichischen Wäldern; mehr würde auf keinen Fall herausgenommen werden.
Wissenschaftler diskutieren in dieser Hinsicht, ob der Nachwuchs im Wald aufgrund von Dürreschäden in Gefahr ist. Außerdem heizen sich leere Waldflächen auf, wodurch eine Steppenlandschaft entsteht, auf der kein neuer Wald wachsen kann. Um diese Probleme zu lösen, muss die gesamte Industrie umgebaut werden, damit statt Fichtenwäldern Laubwäldern entstehen, denn diese sind klimaresistenter.
Die zweite Definition bezieht sich laut Schickhofer auf ökologische Richtwerte. Dabei ist es wichtig, die dauerhafte Funktionalität des Systems „Wald“ aufrecht zu erhalten. Dies schließt aus im Kahlschlagverfahren zu arbeiten, denn auf einer Kahlfläche geht genau dieses System kaputt.
Ist nachhaltige Nutzung der Wälder möglich?
Laut Christian Rakos ist die nachhaltige Nutzung des Holzes aus Wäldern sehr wohl möglich. Denn dort, wo Holz als Energiequelle genutzt wird, kommen hauptsächlich Reststoffe und minderwertige Ware zum Einsatz. In den Vereinigten Staaten wurden diese Nebenprodukte früher zum Beispiel für die Herstellung von Zeitungspapier genutzt – da dieses kaum mehr gebraucht wird, steht eine Ressource zur Verfügung.
Aus Sicht der Naturschützer muss sich an der Holzindustrie etwas ändern. Man müsse weniger nutzen, naturnäher nutzen, die Wälder nicht ausbeuten und vor allem einen Umbau der Fichtenwälder in naturnahe Laubmischbestände in Gang setzen. Wichtig ist es auch, das Kronendach nicht zu durchlöchern, um eine Austrocknung der Wälder zu verhindern.