Mordfall Deubler

Aussage von 1994 erst jetzt glaubwürdig

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Dritter Prozesstag: Daniel N.'s Vater glaubt jetzt den Aussagen seines Sohnes. Auch ein Polizist hält N. für glaubwürdig. Dieser hatte bereits 1994 ausgesagt.

Am dritten Verhandlungstag im Salzburger Mordfall Claudia Deubler kamen am Montagvormittag Daniel N.'s ehemalige Stiefmutter und sein Vater im Zeugenstand am Landesgericht Salzburg zu Wort. Auffallend war, dass das mittlerweile geschiedene Ehepaar erstmals bezeugte, sie würden den Erzählungen von Daniel N. Glauben schenken. "Heute glaube ich, was er sagt - was ich Jahre nicht geglaubt habe", betonte Richard N. (65).

Daniel N. - Aussage bereits 1994
Daniel N. (29) hatte am 20. Juni 1994 vor der Polizei und am 23. Juni 1994 auch vor der Gendarmerie ausgesagt, er hätte gesehen, wie Tomi S. (30) die Taxifahrerin Claudia Deubler am 5. Juli 1993 in Wals bei Salzburg erschossen hat, obwohl nur ein Raub geplant war. S. habe danach ihre Geldbörse mit rund 3.000 Schilling genommen, dann seien sie nach Amsterdam abgehauen.

In der heutigen Einvernahme wollte die Vorsitzende Richterin Bettina Maxones-Kurkowski wissen, wann Daniel N. seinen Eltern von dem Vorfall erzählte und warum sie ihm offenbar zuerst nicht glaubten. "Meines Wissens hat er davon zuerst der Polizei erzählt, dann erst uns", sagte die Stiefmutter Susanne N. (50). "Mein Mann wollte das weder glauben noch wahr haben. Deshalb hat er zu jedem Strohhalm gegriffen."

Ihr Stiefsohn sei ein "normaler Jugendlicher" gewesen. Auch wenn er sich Freundschaften erkaufen wollte, "sein Geltungsdrang hatte Grenzen. Ich glaubte nicht, dass er einfach nur so einen Mord erzählt", erläuterte die Stiefmutter. Am Tatabend sei Daniel nicht zu Hause gewesen, in der Früh habe sie einen Schlafsack vermisst.

Weshalb sie dann beim Untersuchungsrichter im Jahr 1997 angegeben habe, sie glaube es nicht, was sich damals zugetragen habe, fragte die Vorsitzende Richterin. "Das ist sicher ein Widerspruch. Es war ja das Trennungsjahr von meinem Mann. Eigentlich wollte ich mit der Geschichte nichts zu tun haben", antwortete die Zeugin. "Mein Exmann hat damals auch von mir wollen, dass ich das so sehe. Heute glaube ich Daniel." Sie habe Daniel damals nicht unterstützt, dass die Wahrheit ans Licht kommt, gestand die 50-Jährige ein.

Auch der Vater von N. war heute offensichtlich um Aufklärung bemüht. Sein Sohn habe seiner persönlichen Ansicht nach immer zwischen Realität und Wirklichkeit unterscheiden können. Dass Daniel von einem Psychiater untersucht werde, das hätten die Gendarmen bei seiner Einvernahme (des Vaters, Anm.) am 25. Juli 1994 vorgeschlagen.

Dass sein Sohn in den Fall verwickelt wäre, habe er zum ersten Mal von Wolfgang N., (einem Mann aus der damaligen rechtsextremen Szene, Anm.) im Spätsommer 1994 erfahren. Erst danach habe ihm Daniel davon erzählt. "Die Schilderungen waren immer exakt gleich. Es war der Schock seines Lebens, wie da ein Mensch zu Tode kommt." Bei ihm selbst hätten die Schilderungen "maßloses Entsetzen" ausgelöst, so der Vater. Anfangs glaubte er die Geschichte nicht. Warum jetzt? "Seine ganze Persönlichkeit hat sich zum Positiven gewandelt."

Ein Thema der Einvernahme drehte sich auch um die Schusswaffe: Richard N. erklärte, er hätte im Keller eine mit einem Reichsadler verzierte "Mauser", Kaliber 7,65 Millimeter, aufbewahrt. Als ihm der Privatbeteiligten-Vertreter Franz Mahr eine Walther P 38, Kaliber 9 mm zeigte, meinte der Zeuge, diese Waffe sehe der seines Großvaters sehr ähnlich. Eine solche Waffe wurde in der Nähe des Tatortes 1998 gefunden.

Daniel N. ist wegen Beitrages zum schweren Raub, Tom S. wegen schweren Raubes und Mordes an Claudia Deubler angeklagt. Wenige Tage nach dem Mord wurde der Gmundner Peter Heidegger verhaftet. Unter Druck legte er ein Geständnis ab, widerrief dies aber kurz darauf und beteuerte dann stets seine Schuldlosigkeit. Dennoch wurde er 1994 zu 20 Jahren Haft verurteilt, 2003 wurde er schließlich wegen erwiesener Schuldlosigkeit im zweiten Prozess rechtskräftig freigesprochen. Er erhielt 950.000 Euro Schadenersatz.

Auch Polizist hielt N. für glaubwürdig
Am Nachmittag wurde jener Polizist vom Salzburger Stadtpolizeikommando einvernommen, dem Daniel N. am 20. und 23. Juni 1994 von dem Mord erzählt hatte. "Dass man ihm nicht glauben könnte, war für mich nie Thema. Es waren klare Angaben", betonte der 42-jährige Abteilungsinspektor, der 1994 für die Jugendpolizei tätig war. Der Prozess wurde vertagt und wird am 19. Februar fortgesetzt.

Der Inspektor hatte N. damals zu einem Diebstahl im Burgenland befragt. Als er sich über Tomi S. erkundigte, habe er gemerkt, dass N. irritiert war. "Dann ist aus ihm alles schön langsam herausgebrochen, er war danach erleichtert", schilderte der Polizist.

Er habe ihm eigentlich immer geglaubt, sagte der Zeuge zur Vorsitzenden Richterin Bettina Maxones-Kurkowski. Daniel N. habe sich wie ein normaler Jugendlicher verhalten, er sei ihm auch nicht als Spinner bekannt gewesen. "Mein einziges Problem, mein Zwiespalt war, dass ich gewusst habe, dass Peter Heidegger beim Lokalaugenschein noch einmal den Mord zugegeben hat. Aber N.'s Schilderungen waren authentisch."

Nach der zweiten Einvernahme von N. am 23. Juni habe er eine Niederschrift gemacht und die dann den Gendarmen überreicht, als sie N. mit ins Landesgendarmeriekommando nahmen. Ob er das Gefühl gehabt habe, die Gendarmen hätten das auch ernst genommen, wollte Richterin wissen. "Mich hat nur geärgert, dass sie die Arbeit von mir nicht durchgelesen und mit mir nicht darüber gesprochen haben", so der Polizist. Dann habe das Landeskriminalamt weiter ermittelt.

Kein gutes Haar ließ der ehemalige Jugendpolizist, der die Szene in den neunziger Jahren gut gekannt hatte, an dem Angeklagten Tomi S.. "Der hat mit 14 Jahren jemanden das Nasenbein eingeschlagen. Er war ein intensiv krimineller Jugendlicher." Das Gewaltpotenzial für einen Mord hätte er sicher gehabt, vermutete der Beamte.

Zu Beginn der heutigen Verhandlung stimmte das Gericht der Einvernahme eines weiteren Polizisten zu. Ein Bezirksinspektor rief auf Grund der Prozessberichterstattung am vergangenen Freitag die Staatsanwaltschaft an und erzählte, er sei 1993 bei der Staatspolizei gewesen und hätte den Zeugen Wolfgang N. als Informant gekannt. Ein paar Tage vor dem Mord an der Taxilenkerin habe dieser ihn darüber informiert, dass Tomi S. und Daniel N. eine Waffe hätten und einen Raub planen würden. Nach dem Mord sei Wolfgang N. wieder zu ihm gekommen und hätte behauptet: Jetzt haben sie es gemacht! Deshalb habe er den Mann zum Landespolizeikommando geschickt, schilderte Staatsanwältin Herta Krainer die Angaben des Bezirksinspektors.

In einer Prozesspause betonte Privatbeteiligten-Vertreter Franz Mahr, dass N.'s Vater bereits im 2. Prozess gegen Heidegger im Jahr 2003 ausgesagt habe, er glaube Daniels Erzählungen. Das Schwurgericht hört heute noch weitere Zeugen, dann wird die Verhandlung auf 19. Februar vertagt. Als erster Zeuge soll Wolfgang N. einvernommen werden.

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