Tausende können Strafe nicht zahlen

Mehr als 2.000 Falschparker sitzen in Haft

Teilen

Kritiker sagen: Viel besser als Haft wäre Sozialarbeit. Und auch viel billiger für uns alle.

Realität in Österreich: Einmal Falschparken kann für den Lenker in der Gefängniszelle enden.

Eine aktuelle Statistik, die ÖSTERREICH vorliegt, zeigt: Im Vorjahr mussten 4.447 Österreicher wegen sogenannter Verwaltungsstrafen – also etwa Parksünden oder Schwarzfahren in Öffis – eine Haftstrafe absitzen. Laut Informationen des Innenministeriums sind etwa die Hälfte (2.224) der Einsitzenden Parksünder.

Maximale Haftdauer 
sind sechs Wochen

Vergleicht man die Bundesländer, steht Wien deutlich an der Spitze. 1.418 Personen tauschten hier im Jahr 2019 ihre Strafzettel gegen eine Zelle (siehe Grafik).

Die traurige Wahrheit: Die Betroffenen sind meist zu arm, um ihre Strafen zu bezahlen. Denn nicht sie selbst entscheiden, ob sie lieber die Strafe zahlen oder absitzen. Nur wer nicht in der Lage ist, die geforderte Summe aufzubringen, wer sich auch keine Ratenzahlung leisten kann, der muss absitzen.

Ab sieben Euro ist diese „Ersatzfreiheitsstrafe“ vollstreckbar. Die minimale Strafe beträgt einen Tag in der Zelle, maximal sind es sechs Wochen.

Sozialdienst besser

Große Kritik kommt etwa vom Verein Neustart. Sinnlos und viel zu teuer sei die Haft, sagt Vereinssprecher Andreas Zembaty. Besser wäre für ihn ein sozialer Dienst: „Das würde auch dem Steuerzahler Kosten sparen.“ Denn: Etwa 130 Euro kostet jeder Tag in Haft.

Modell Berlin: Soziale Arbeit statt Haft

Absurd: Im österreichischen Strafrecht kann ein Richter bei kleineren Delikten dem Täter Sozialarbeit aufbrummen. Bei Verwaltungsstrafen, welche von Behörden verhängt werden (z. B. Parksünden), geht das nicht.

Das Berliner Modell zeigt jedoch, wie erfolgreich es sein kann. Dort werden 40.000 Geldstrafen jährlich verhängt. Wer sie nicht bezahlen kann, tilgt seine Schuld durch gemeinnützige Arbeit. Jeder Tag Haft kann mit sechs Stunden Arbeit abgegolten werden.

Unter dem Titel „Schwitzen statt Sitzen“ wurde das bereits 2017 auch in Österreich diskutiert. Ein Gesetz war bereits in Begutachtung, fiel aber einem Regierungswechsel zum Opfer.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.