Iraner-Mord

Rätsel nach Schüssen in der Wiener City

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Der Verdächtige meint, dass er die anderen Beteiligten nur erschrecken sollte. Die Opfer sprechen hingegen von einem Racheakt. Unklarheit um Geschäfte der Cerag.

Eine neue Version hat der 70-jährige Samad A., der am 22. Juli in einem Büro in der Wiener Innenstadt einen Mann erschossen und zwei weitere verletzt haben soll, den Justizbehörden aufgetischt. Laut der Wiener Staatsanwaltschaft gab er bei seinen Einvernahmen an, die Waffe von einem der anderen Beteiligten erhalten zu haben. Er habe demnach geglaubt, die Pistole der Marke Zastava sei ungeladen gewesen und er habe die anderen erschrecken sollen.

Der gebürtige Perser hatte sich am Abend des 22. Juli - wenige Stunden nach Abgabe der Schüsse in der Weihburggasse - der Polizei gestellt und unmittelbar nach seiner Festnahme einen leichten Herzinfarkt erlitten. Wegen seines Gesundheitszustandes war eine frühere Einvernahme nicht möglich. Die Anklagebehörde sieht die neue Version des Verdächtigen eher skeptisch.

Überlebende sprechen von Racheakt
Die beiden überlebenden Beteiligten im Alter von 57 und 66 Jahren gaben demgegenüber an, dass es sich um einen Racheakt gehandelt haben dürfte. Der mutmaßliche Täter war erst im Jänner bedingt aus der Strafhaft entlassen worden, zu der er verurteilt worden war, weil er 2005 sein Haus in Niederösterreich hatte sprengen lassen. In diesem Zusammenhang könnte auch die Tat in der Weihburggasse zu sehen sein.

Zuvor war A. wegen Drogenhandels in großem Stil mehrfach vor Gericht gestanden. Im Februar stellte er in Österreich einen Asylantrag, vermutlich um seine Abschiebung in den Iran zu verhindern.

Die Cerag beschäftigt sich offiziell unter anderem mit Bauprojekten im Iran und dem Handel mit Rohstoffen sowie Autos. Doch laut dem britischen Blatt "Telegraph" stehen auch andere Hintergründe zur Diskussion: Demnach sagen Spionage-Experten, dass die Bluttat mit einem Streit darüber in Verbindung stehen könnte, wie die Gesellschaft mit den EU-Sanktionen umgehen sollte, die einen Großteil von Österreichs Handel mit dem Iran unterbinden. Speziell Ausrüstung für die iranische Ölindustrie ist von dem Handelsembargo in der EU betroffen, da diese High-Tech-Produkte auch in der Atomwaffenproduktion eingesetzt werden könnten.

Agenten-Netzwerk in Wien?
Der Iran soll demnach sein ausgedehntestes Agenten-Netzwerk im Ausland in Wien unterhalten. Der "Telegraph" zitierte einen westlichen Diplomaten, wonach der Iran Wien als einen Hauptstützpunkt für seine Unternehmungen zur Beschaffung von Material benutze, das man sowohl in der Ölindustrie als auch zur Atomwaffenproduktion benötige. "Es ist die typisch wienerische Art nicht zu genau nachzuschauen und die Dinge weiterlaufen zu lassen, so lange Österreich damit nichts zu tun hat", wurde ein anderer Diplomat zitiert. Wien sei ein schwaches Glied in der Kette, wenn es um Sanktionen gehe.

Die Wiener Staatsanwaltschaft sagt hingegen: Es gibt bei der Cerag keine Hinweise, dass das Unternehmen in illegale Geschäfte verwickelt gewesen sei.

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