Kinder und Jugend

Schlechte Gesundheit kostet Milliarden

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60 % der Schüler können nicht auf einem Bein hüpfen, 30 % nicht rückwärts gehen.

Der schlechte Gesundheitszustand österreichischer Kinder und Jugendlicher kann sich in 20 Jahren dramatisch auf das Gesundheitssystem auswirken: 2030 entstünden durch die heutigen Teenager Mehrkosten in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro, 2050 erfolge eine weitere Steigerung auf 3,7 Milliarden Euro - falls es zu keiner Verbesserung komme, erklärte Leo Chini von der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) am Dienstagabend bei einem Pressegespräch mit der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Ausgegangen ist der Gesundheitsökonom bei seiner Studie von Zahlen aus dem Jahr 2007.

Besorgnisserregend
Laut ÖÄK-Präsident Walter Dorner ist die Situation bereits heute besorgniserregend: Gemäß Untersuchungen könnten 60 Prozent der Wiener Schüler nicht mehr auf einem Bein hüpfen und 30 Prozent nicht rückwärtsgehen, erklärte er. "Das sind bedrohliche Zahlen, die alle in dieses Schema hineinpassen." Um der von Chini skizzierten bedrohlichen Entwicklung entgegenzuwirken, sei Prävention in Form von Bewusstseinsbildung wichtig. Dabei sollte man auf Bildungseinrichtungen setzen und beispielsweise eine Einführung der Ganztagsschule als Chance nutzen: "Es gibt keine bessere Gelegenheit, als zu sagen, jeden Tag muss eine Turnstunde stattfinden", betonte Dorner, der zusätzlich eine Stunde Gesundheitserziehung pro Woche forderte.

Chini plädierte darüber hinaus für Belohnungen wie Pokale für Schüler, die es schaffen, ihr Gewicht oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Streitbar mutet sein Vorschlag an, die gesundheitliche Entwicklung im Zeugnis zu bewerten. Vorstellen kann sich der Gesundheitsökonom weiters ein Schulbuffet, das Einkäufe gemäß Body-Maß-Index (BMI) erlaubt und ein BMI-Controlling durch die Schulärzte. Zusätzlich müsste eine Verlagerung von Krankheits- zu Präventionskosten bei den Krankenkassen stattfinden. Eine Möglichkeit dafür sind laut Chini zusätzliche Rabatte von Pharmaunternehmen für die Kassen. Greife die Prävention, könnte ein Anstieg der Gesundheitskosten im Jahr 2030 in der Gruppe der über 65-Jährigen verhindert werden.

Effekte verdoppeln sich
Neben der drohenden Erhöhung der Gesundheitskosten schwebe ein zweiter finanzieller Faktor im Raum, mahnte Chini. Bleibe die Situation so wie jetzt, würden der Volkswirtschaft durch Arbeitsunfähigkeit, Invalidität oder den frühzeitigen Tod der heutigen Jugend in 20 bzw. 40 Jahren zusätzlich 20.000 bzw. 40.000 Beschäftigungsjahre entgehen. Diese hätten einen nicht unbeträchtlichen Wert von 400 bzw. 800 Millionen Euro.

Gemeinsam mit der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft würden sich diese Effekte verdoppeln, erklärte der Ökonom. Bisherige Prognosen für Krankheitskosten durch die demografische Entwicklung würden von zusätzlich 7,3 Milliarden Euro bis 2030 und 11,6 Milliarden Euro bis 2050 ausgehen. Eine gleichzeitige Zunahme an Senioren und kranken Erwerbstätigen würde zudem den Arbeitsmarkt beeinflussen: Verglichen mit 2008 würden 2030 durch Pensionierungen 230.000 Arbeitsplätze frei, für die man gesunde Erwachsene benötige.

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