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Terror-Prozess in Wien

Teilbedingte Haftstrafen für IS-Teenies

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Burschen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren wollten sich der Terror-Miliz anschließen.

Schneller als ursprünglich angenommen ist der Terror-Prozess gegen vier von fünf jugendlichen IS-Sympathisanten im Wiener Straflandesgericht zu Ende gegangen. Nachdem sich die Burschen zur Anklage umfassend schuldig bekannt hatten, wurden ohne weiteres Beweisverfahren bereits am Donnerstagnachmittag die Urteile verkündet. Es setzte teilbedingte Freiheitsstrafen zwischen 18 und 30 Monaten.

Staatsanwalt Markus Berghammer hatte den Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren Mitwirkung an einer terroristischen Vereinigung und Beteiligung an einer kriminellen Organisation zur Last gelegt. Die Jugendlichen wollten sich laut Anklage in Syrien der radikalislamistischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen. Einer von ihnen - ein 16-jähriger Mindestsicherungsbezieher - soll außerdem versucht haben, zehn und elf Jahre alte Buben als IS-Kämpfer anzuwerben.

Radikale Glaubensverfechter

Die Angeklagten dürften sich in kurzer Zeit von gläubigen Muslimen zu radikalen Glaubensverfechtern entwickelt haben. Der 16-Jährige machte sich im Mai des heurigen Jahres auf den Weg in die Türkei. Vom südostanatolischen Gaziantep aus wollte er der Staatsanwaltschaft zufolge die türkisch-syrische Grenze überwinden, um im Bürgerkriegsgebiet aufseiten des IS zu kämpfen. Er wurde allerdings an der bulgarischen Grenze aufgegriffen, festgenommen und nach Österreich zurückgeschoben.

Wieder in Österreich, wurde der junge Mann zunächst in U-Haft genommen, dann allerdings gegen gelindere Mittel auf freien Fuß gesetzt. Daraufhin soll er weiter für den IS geworben und versucht haben, zehn und elf Jahre alte Buben für den Jihad zu gewinnen. Er fasste dafür am Ende zweieinhalb Jahre Haft, davon zehn Monate unbedingt aus.

Ausreisepläne nach Syrien

Zwei weitere Angeklagte - jeweils 15 Jahre alte Schüler - sollen ebenfalls schon sehr konkrete Ausreisepläne nach Syrien verfolgt haben. Laut Anklage wollten sie am 13. Juni von Wien aus in den Jihad ziehen, konnten daran aber gehindert werden, weil die Behörden rechtzeitig von ihren Plänen Wind bekamen. Einer von ihnen hatte Schwierigkeiten mit seinem Vater, der sich weigerte, dem Sohn dessen Pass auszuhändigen, weil ihm möglicherweise klar war, wohin die Reise des Burschen gehen sollte. Laut Anklage soll der Jugendliche daraufhin mit einem Schraubenzieher auf den Vater losgegangen sein. Er stach den Mann zwar nicht nieder, soll ihm dafür aber einen wuchtigen Kopfstoß versetzt haben.

Nachdem der Vater die Polizei alarmiert hatte, soll sich der 15-Jährige auch noch der Amtshandlung widersetzt haben. Über ihn verhängte der Schöffensenat ebenfalls zweieinhalb Jahre, davon zehn Monate unbedingt. Der zweite 15-Jährige bekam 21 Monate, davon sieben Monate unbedingt.

Das Verfahren gegen einen Bekannten der beiden 15-Jährigen, der laut Anklage gemeinsam mit diesen zum IS wollte, wurde ausgeschieden. Der 17-Jährige war nicht geständig, gegen ihn wird am kommenden Dienstag weiter verhandelt.

Urteile nicht rechtskräftig

Schuldig gesprochen wurde dagegen ein knapp 16-Jähriger, der einen anderen Jugendlichen ausgeraubt hatte. Unter Androhung von Gewalt nahm er diesem einen USB-Stick und Werkzeug weg, wobei er nach der Tat angeblich "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") rief. Er erhielt wegen Raubes eineinhalb Jahre Haft, davon sechs Monate unbedingt. Bei ihm wurde vom Gericht keine Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung angenommen.

Bei allen vier Angeklagten ordnete der Senat Bewährungshilfe an. Außerdem müssen sie an einem Deradikalisierungsprogramm teilnehmen. Die Jugendlichen waren mit allem einverstanden, der Staatsananwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

Die Öffentlichkeit war auf Antrag der Verteidiger noch vor dem Vortrag der Anklage von der Verhandlung ausgeschlossen worden. Journalisten mussten den Gerichtssaal verlassen und durften diesen erst zur Urteilsverkündung wieder betreten, weil das Gericht befürchtete, eine Berichterstattung könnte "das spätere Fortkommen" der Terror-Verdächtigen "womöglich beeinträchtigen", wie die Vorsitzende erläuterte.

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