Wegen Wiederbetätigung

3 Jahre Haft für "Reichstrunkenbold"

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Geschworene berieten vier Stunden lang - alle sechs Angeklagten verurteilt.

Sechs Schuldsprüche wegen NS-Wiederbetätigung hat es am Donnerstag am Landesgericht Korneuburg im Prozess gegen einen rechten Liedermacher aus Deutschland gegeben. Der Deutsche wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Die fünf Mitangeklagten bekamen bedingte Strafen zwischen sechs und 18 Monaten. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Der Vorsitzende wertete die Geständnisse mildernd.

Der Liedermacher, der als "Reichstrunkenbold" auch im Quartier des von ÖSTERREICH aufgedeckten neonazi-netzwerks "objekt 21" in Desselbrunn (Bez. Vöcklabruck) aufgetreten sein soll, bekannte sich schuldig.

Staatsanwalt Friedrich Köhl hatte Schuldsprüche für alle Angeklagten gefordert. Die Verteidiger plädierten größtenteils für milde Urteile, in zwei Fällen sogar Freispruch. Den Deutschen, der als Zeuge im Wiederbetätigungsprozess rund um das rechtsextreme Netzwerk "Objekt 21" in Wels aufgefallen war, beschrieb Köhl als "Mastermind" der Gruppe, der das "Instrumentalisieren von Frauen" bestens verstand. Damit spielte er auf die beiden weiblichen Mitangeklagten an, die den 32-Jährigen bei sich immer wieder beherbergt haben und sich nun wegen Beitrags zur Wiederbetätigung verantworten mussten. Eben diesen Vorwurf der "gelegentlichen" Beherbergung wollten die Verteidiger der zwei Frauen allerdings nicht als strafrechtliche Handlung gelten lassen. Sie forderten daher deren Freispruch.

Bei den Einvernahmen bestätigte der Großteil der Zeugen, bei dem Deutschen NS-Devotionalien - unter anderem Hakenkreuz-Fahnen, Sticker sowie rote Armbinden mit einschlägigem Aufdruck - gesehen zu haben. Gegenüber dem Richter sagte ein junger Mann aus, auch über den Vertrieb mit diesen Gegenständen Bescheid gewusst zu haben. Inwieweit die fünf Mitangeklagten tatsächlich Einblick in die Geschäfte des rechten Liedermachers hatten, blieb zu einem großen Teil unklar.

Der Hauptangeklagte betonte in seinen Schlussworten gegenüber den Geschworenen, dass er in den vergangenen Monaten im Gefängnis über alles nachgedacht habe, und künftig politisch nicht mehr tätig sein wolle: "Ich möchte ein unpolitisches Leben führen und mir in Deutschland was aufbauen." Er gab auch zu, dass er sich im Großen und Ganzen seiner strafrechtlichen Handlungen bewusst war und das Risiko, dafür verantwortlich gemacht zu werden, in Kauf genommen habe.

Fünf der Angeklagten nahmen ihre Urteile an, nur eine bat um Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Die Geschworenen hatten sich rund vier Stunden zur Beratung zurückgezogen.


 




 

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