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Protokoll eines turbulenten Einsatzes

Räuber-Duo auf der Flucht: So brutal war Geiselnahme in NÖ

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Auf diesen Action-Thriller, den sie live miterleben mussten, ­hätten die Geiseln und mehr als 90 Polizisten lieber verzichtet.

Los ging die beinharte Realität, die man ansonsten am Abend im Fernsehen verfolgt, Samstagnachmittag um 17.45 Uhr in einem großen ­Supermarkt in Günselsdorf im Bezirk Baden: Zwei Männer, ­einer davon mit einem auffallend blauen Rucksack, der andere mit einem blauen Auge (sprich, einer sichtbaren Verletzung an der rechten Gesichtshälfte), die sich beide schon längere Zeit in de Filiale aufgehalten hatten, kamen schnellen Schrittes mit dem Einkaufswagerl zur Kassa.

Räuber-Duo auf der Flucht: So brutal war Geiselnahme in NÖ
© LPD NÖ

Anwohner in Hausschuhen vor Regalen überwältigt

Als sie an die Reihe kamen, zückte einer der beiden plötzliche eine Pistole und bedrohte damit die Kassierin, die das Duo mit vorgehaltener Waffe in das Büro drängte.

Unterwegs dorthin bemerkten die Täter, dass sie einen Kunden (mit Hausschuhen und Trainingsjacke, offenbar ein Anwohner) übersehen hatten, und drängten ihn mit in die Büroräumlichkeiten, wo sie am Ende fünf Menschen gefangen nahmen, brutal niederrangen und zum Teil fesselten. In gebrochenem Deutsch mit englischen Befehlen und Balkan-Akzent forderten die Geiselgangster die Anwesenden auf, den Tresor zu öffnen. Einem Angestellten gelang es, in dem kriminellen Tohuwabohu den stillen Alarm zu betätigen, worauf der „Action-­Thriller“ so richtig eskalierte.

Video zum Thema: Geiseldrama: Räuber-Duo auf der Flucht

Protokoll eines mehr als turbulenten Einsatzes

Denn just in dem Moment, als die Männer die hohe Geldbeute im Rucksack verstaut hatten, tauchte vor der Filiale eine mit drei Mann besetzte Polizeistreife auf, die sofort den Ernst der Lage erkannte. Bis allerdings die von ihr alarmierte Verstärkung eintraf – 90 Polizisten aus mehren ­Bezirken sowie die Elite-Einheit Cobra – war der „Film“ vor Ort schon gelaufen:

● So konnten zwei Geiseln in einem unbeobachteten ­Augenblick fliehen.

● Als einer der ersteingetroffenen Beamten einen Schatten einer auf ihn zielenden Pistole beim Lieferanteneingang bemerkte, gab er einen Schuss ab, der eine Scheibe traf. Nicht auszudenken, wäre eine Geisel getroffen worden und hätte ein verletzter Gangster die Nerven verloren und seinen Opfern ­etwas angetan!

● Tatsächlich stürzten die Räuber mit einer Angestellten, die sie umklammert hielten, ins Freie und wollten wohl ihr ­geparktes Auto ­kapern, scheiterten aber, weil die Geisel mit dem Autoschlüssel stolperte und hinfiel.

● Daraufhin gelang es den Tätern zu Fuß zu flüchten. Jetzt unterließen es die Polizisten, zu schießen und die Verstärkung war noch immer nicht eingetroffen.

● Mit großer Wahrscheinlichkeit hatten die beiden am Parkplatz eines nahen Hotels ihr Fluchtfahrzeug stehen, mit dem sie sich schließlich erfolgreich absetzen konnten.

● Eine Alarmfahndung mit mehreren Diensthundestreifen, dem Hubschrauber des ­Innenministeriums und der Cobra, die sich bis ins Burgenland und nach Wien er­streckte, verlief negativ.

● Zwei Supermarkt-Mit­arbeiter, die bis zum Ende eingesperrt und gefesselt waren, wurden befreit und Videoaufnahmen des Geschehens ge­sichert. Vielleicht bringen die Aufnahmen die Ermittler noch nachträglich auf die Spur des Täter-Duos. Roland Kopt

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