Plus 20 Prozent

Immer mehr Frauen in Salzburg obdachlos

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20 Prozent plus: In Salzburg sind immer mehr Frauen ohne festen Wohnsitz. Oftmals werden sie nach Streit mit dem Partner vor die Tür gesetzt.

In der Stadt Salzburg schlittern immer mehr Frauen in die Obdachlosigkeit. Das Forum Wohnungslosenhilfe verzeichnet seit 1999 einen Anstieg von rund 20 Prozent. "Derzeit gibt es 30 Fälle, die Dunkelziffer ist mindestens doppelt so hoch", sagte Gemeinderätin Ulrike Saghi von der Bürgerliste. Sie fordert eine Einrichtung speziell für obdachlose Frauen. Schützenhilfe bekommt sie von der Frauenbeauftragten der Stadt, der Armutskonferenz und vom scheidenden Sozialstadtrat.

Streit mit Partner
Betroffene Frauen werden nach Streitigkeiten mit dem Partner plötzlich vor die Tür gesetzt und tauchen dann meist bei Verwandten, Bekannten oder "Zweckpartnern" unter - auch wenn sie erneut Repressalien in Kauf nehmen. Wohnungslosigkeit wird von Frauen vorwiegend als individuelles Versagen gewertet. "Aus Scham- und Schuldgefühlen meiden viele die öffentlichen Einrichtungen, die ja auch männerdominiert sind", erzählt Robert Buggler, Vorsitzender der Salzburger Armutskonferenz.

Andererseits fehlt es in der Mozartstadt "im Moment auch an Angeboten", wie der scheidende Sozialreferent Vbgm. Josef Huber (S) bestätigt. "Die Situation für wohnungslose Frauen ist unbefriedigend." Nach der Wohnungslosenerhebung des Forums Wohnungslosenhilfe standen im Oktober des Vorjahres 814 Personen (plus sieben Prozent gegenüber 2007) ohne Wohnung da. "Ein Viertel davon sind Frauen", so Buggler, der eine eigene Unterkunft für obdachlose Frauen "unbedingt notwendig" hält.

Notschlafstelle
Bestehende Angebote wie Notschlafstelle oder Pensionen sind deshalb nicht optimal, "weil Frauen die Unterbringung zusammen mit Männern vielfach ablehnen", weiß Frauenbeauftragte Dagmar Stranzinger. Einrichtungen, die auf frauenspezifische Besonderheiten Rücksicht nehmen, finden sich in Österreich in Wien ("FrauenWohnZimmer"), St. Pölten, Linz und Graz. Ein "FrauenWohnRaum" in Salzburg sollte nach dem Vorschlag von Sozialhelfern drei wichtige Funktionen erfüllen: Eine Notschlafstelle, ein betreutes Tageszentrum und die Möglichkeit eines Übergangswohnens. In einem ersten Schritt sollten in der Stadt Salzburg zehn Schlafplätze geschaffen werden.

Bisher sind solche Projekte in der Stadt Salzburg am Budget und den Räumlichkeiten gescheitert, hieß es aus dem Sozialressort. Für 2009 wurden für eine Konzepterstellung 20.000 Euro vorgesehen. Hubers Nachfolger Martin Panosch (S) hat dieses Thema zu seinen ersten Arbeitsaufgaben gemacht. Er möchte gemeinsam mit dem Land ein Konzept entwickeln.

"Die Stadt muss jetzt handeln. Denn bis eine Wohnung für obdachlos gewordene Frauen - einige haben auch Kinder - gefunden wird, vergehen drei bis vier Monate", macht die Bürgerliste-Gemeinderätin Druck. Das Frauenhaus komme deshalb nicht in Frage, weil dieses ausschließlich Frauen mit Kindern vorbehalten ist, die Opfer von Gewalt wurden. Als optimalen Standort bezeichnet Saghi das Mitte 2008 geschlossene, im Besitz des Landes stehende Landesinstitut für Sehbehinderte im Stadtteil Lehen. Die ÖVP-Klubobfrau im Landtag, Gerlinde Rogatsch, hat bereits eine Öffnung des Instituts für Obdachlose angedacht.

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