Masern-Epidemie

Nur mit Impfpass zurück an die Schule

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Im Ringen mit der Masernepidemie geht der Landesschulrat in Salzburg jetzt streng vor. Schüler können bis zu zwei Wochen von der Schule ausgeschlossen werden.

Der Skandal um die Masernepidemie in Salzburg nimmt immer größere Ausmaße an. Am Donnerstag wurden wieder 23 neue Erkrankungen an die Gesundheitsbehörden gemeldet. Mittlerweile sind es jetzt schon 176 Fälle.

Polizei ermittelt wegen "Masernparty"
Inzwischen hat in Salzburg eine Spezialeinheit für Umweltkriminalität des Landeskriminalamtes die Ermittlungen aufgenommen. Die Beamten rund um Chefermittler Johann Thonis müssen einem unglaublichen Vorwurf nachgehen: Die Rudolf-Steiner-Schule in Salzburg, von der die Massenepidemie kurz vor Ostern ausging, soll sogenannte Masernpartys veranstaltet haben. Bei so einer Party werden gesunde Kinder bewusst mit schon infizierten Kindern zusammengebracht, um einen Ausbruch der Krankheit zu forcieren und (!) absichtlich zu verbreiten. Im Visier der Experten sind der Leiter der Schule, Rainald Grugger, der zuständige Schularzt Stefan Görnitz und einige Eltern der Rudolf-Steiner-Schule geraten: „Wir ermitteln wegen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“, so der Chefermittler.

Kdolsky schaltet sich ein
„Das bewusste Herbeiführen einer Infektion – noch dazu bei Kindern – ist schwerst verantwortungslos und auf das Schärfste zu verurteilen. Die Verursacher sollten zur Verantwortung gezogen werden“, poltert die Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky.

Wie ÖSTERREICH bereits berichtete, hatte die Ärztekammer den bayerischen Schularzt Stefan Görning angezeigt: Er soll den Eltern eine Empfehlung abgegeben haben, ihre Kinder nicht zu impfen. Auch die Salzburger Staatsanwaltschaft hat sich in den Masernkrimi eingeschaltet, die Ermittlungen laufen noch gegen unbekannt.

Virus aus der Schweiz
Der Salzburger Erreger der Masernepidemie wird bereits im renommierten Robert-Koch-Institut in Berlin auf seine Herkunft analysiert. Das Virus dürfte laut den Experten aus der Schweiz über Bayern nach Salzburg gewandert sein. Dort hat es sich ordentlich ausbreiten können, da viele Eltern der Rudolf-Steiner-Schule aufgrund der Waldorfpädagogik eine Impfung ihrer Kinder grundsätzlich ablehnen. Nun breitet es sich weiter in Richtung Oberösterreich aus. Von dort werden schon fünf Fälle gemeldet.

Schule nur mit Impfpass
Allein in Salzburg sind 25 Schulen mit Masern befallen. Nur Kinder, die einen Impfpass mit einer Masernimpfung vorweisen können, dürfen in den Unterricht (siehe unten).

Lesen Sie hier den Brief der Schule an die Eltern!

Impfstoff musste nachbestellt werden
Die Anfragen wegen Masern-Impfstoffen waren österreichweit noch nie so zahlreich. Kein Wunder, denn derzeit sind mit 176 Erkrankungen mehr Leute vom Virus infiziert als in den USA in einem gesamten Jahr. Im Raum Salzburg mussten Apotheker bereits den Großhändler kontaktieren, um Nachschub zu bestellen. In Österreich wird der Impfstoff ab sofort bis Ende April billiger zu haben sein: 24 Euro statt 29,90 Euro kostet das Impfset.

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Masern sind anzeigepflichtig
Da Masern unter das Epidemiegesetz fallen, seien sie anzeigepflichtig, so Neher. Die Krankheit sei aber erst seit 2001 melde- bzw. anzeigepflichtig. Das Landeskriminalamt versuche nun zu ermitteln, von wo die Masern-Epidemie ihren Ausgang genommen hat und ob alles unternommen worden sei, was im Epidemiegesetz verlangt wird.

Seuche auf OÖ ausgedehnt
Die Epidemie hat sich am Mittwoch von Salzburg aus auf Oberösterreich ausgebreitet. Drei der Schüler aus der Waldorf-Schule, von der die Epidemie ausgeht, kommen aus Oberösterreich und haben ihre oberösterreichischen Verwandten mit der Krankheit angesteckt. Die drei Kinder einer Familie kommen aus Frankenmarkt (Bezirk Vöcklabruck). Impf-Experte Ingomar Mutz warnt vor einer österreichweiten Epidemie.

Gefährliche Krankheit
Bereits fünf Tage vor und vier Tage nach Ausbruch des typischen Masern-Ausschlags ist die Krankheit stark ansteckend. Es genügt das Vorbeigehen an einem Erkrankten. Masern sind für Risikogruppen aufgrund des hohen Fiebers selbst schon gefährlich, können aber in der Folge zu einer akuten Gehirnentzündung mit schweren Dauerschäden führen. Darüber hinaus besteht während einer Infektion mit Masern ein erhöhtes Risiko, an Diphtherie, Keuchhusten oder Tuberkulose zu erkranken. Gegen die Masern gebe es keine spezielle Therapie.

Experten rufen zur Impfung auf
Jeder ab dem ersten Lebensjahr und bis zum 40. Lebensjahr sollte seinen Impfpass kontrollieren, ob er gegen die Masern geschützt ist, so Mutz. Laut Experten wäre eine derartige Ausbreitung durch eine Impfung zu verhindern gewesen. "Unfassbar, ein Verbrechen, dass Kinder von den Eltern selbst bei einer kostenlosen Impfung nicht geschützt werden", sagte am Mittwoch die Vizepräsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Christiane Körner, bei einer Pressekonferenz in Wien aus Anlass des bevorstehenden Österreichischen Impftages in Salzburg.

Die Impfung gegen Masern ist besonders wichtig, weil eine einmal voll ausgebrochene Erkrankung nicht ursächlich behandelt werden kann. Gegen die bakteriellen Superinfektionen hingegen können Antibiotika eingesetzt werden. Nach der Impfung bildet der menschliche Körper Abwehrstoffe (Antikörper) gegen das Virus, es kommt also zu einer aktiven Immunisierung, die einen langanhaltenden, hochwertigen Schutz bietet. Stecken sich Geimpfte mit dem Erreger an, ist das Immunsystem bereits auf diesen vorbereitet und kann ihn erfolgreich bekämpfen. Nicht Geimpfte, die Kontakt mit einem Masernkranken hatten, können durch passive Immunisierung geschützt werden. Dabei werden ihnen fertige Antikörper (humanes Immunglobulin) verabreicht, die den Ausbruch der Erkrankung verhindern oder zumindest abschwächen können.

Der Impfstoff ist in allen Apotheken erhältlich und kostet 29.35 Euro pro Dosis (aktuelle Aktion in Salzburg zu 24 Euro).

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