Über seine Nachfolge werden die Grünen am Nachmittag entschieden. Die Amtsübergabe soll am 9. November erfolgen.
Salzburg. Der Salzburger Sozialreferent und grüne Landessprecher LHStv. Heinrich Schellhorn hat am Freitag in einer "persönlichen Erklärung" seinen Rücktritt angekündigt. Der 61-Jährige zieht damit die Konsequenzen aus dem vor zwei Wochen bekannt gewordenen Pflegeskandal in einem Heim in der Stadt Salzburg. Über seine Nachfolge berät am Nachmittag der Landesausschuss - das zweithöchste Parteigremium im Land. Dem Vernehmen nach soll ihm Bürgerlisten-Stadträtin Martina Berthold folgen.
"Ich habe mich entschieden, mit der Landtagssitzung am 9. November aus der Landesregierung auszuscheiden und auch mein Amt als Landessprecher der Grünen und als Spitzenkandidat für die bevorstehende Landtagswahl zur Verfügung zu stellen", sagte Schellhorn. Der Skandal in dem Pflegeheim der Senecura habe nicht nur ihn berührt und betroffen gemacht. Das Vertrauen der Bevölkerung in die obersten Stellen und in die Heimaufsicht des Landes sei nicht mehr gegeben - und das in einer ohnehin krisengeschüttelten Zeit.
"Verantwortung zu übernehmen"
Zur Politik gehöre es auch, Verantwortung zu übernehmen, wenn Fehler passieren und wenn Schutzmechanismen nicht ausreichend waren, betonte Schellhorn. Zudem fehle es ihm an Kraft. Er wolle darum den Weg frei machen für eine neue Person, die mit Optimismus daran arbeite, Lösungen für das Thema Pflege anbieten zu können. Fragen wollte der grüne Landessprecher nach seiner Erklärung nicht beantworten.
In einem Bericht der Volksanwaltschaft waren Anfang September massive Missstände in dem Senecura-Pflegeheim in der Landeshauptstadt bekannt geworden. Bei einer unangekündigten Kontrolle im April 2022 waren gravierende Pflegemängel entdeckt worden - hervorgerufen wohl durch personelle Unterbesetzung, eine sehr hohe Anzahl an Krankenständen sowie Überlastung des Personals. Eine Kommission stießt auf unterernährte und verwahrloste Bewohnerinnen und Bewohner - eine später verstorbene Frau wog nur mehr 42,5 Kilo und war bereits so wundgelegen, dass durch die offene Wunde der Steißknochen frei zu sehen war.
Parteiintern unter Druck
"Die Salzburger Heimaufsicht beschränkt sich auf Empfehlungen, statt einzuschreiten", befand die Volksanwaltschaft in ihrem Bericht - eine Einrichtung, die in das Ressort Schellhorns fällt. Dennoch kam sein Rücktritt heute überraschend: Der Soziallandesrat stand zwar unter Kritik, Rücktrittsforderungen waren zuletzt jedoch nur vereinzelt aufgekommen. Er dürfte - gut ein halbes Jahr vor der bevorstehenden Landtagswahl am 23. April 2023 - vor allem parteiintern unter Druck gestanden sein. Der Pflegeskandal ist noch lange nicht ausgestanden, vielmehr dürfte sich die Personalsituation in den Heimen in den kommenden Monaten noch verschärfen. Neben einer bereits laufenden internen Revision des Landes könnte überdies die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Landtags drohen.
Auf Schellhorn soll offenbar die Salzburger Bürgerlisten-Stadträtin Martina Berthold folgen. Sie saß bereits von 2013 bis 2018 eine Legislaturperiode lang als Landesrätin in der Landesregierung. Die Personalrochade stellt die Grünen im Bundesland vor der Landtagswahl vor große Herausforderungen. Schellhorn war erst am 2. Juli bei der Landesversammlung mit über 91 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten gewählt worden. Nicht ganz so hoch war die Zustimmung bei seiner (Wieder-)Wahl zum Landeschef Mitte Jänner 2022. Die knapp über 83 Prozent waren deutlich weniger als die fast 97 Prozent vom November 2018.