Angeklagter: "Er starb im Schlaf"

Mordversuchsprozess: 55-Jähriger soll Vater getötet haben

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Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag ein 55-Jähriger erneut vor einem Geschworenensenat (Vorsitz: Gerhard Leitgeb) gestanden.

Graz. Er soll im Juli 2018 seinen Vater getötet haben. Der Angeklagte, der diesen von allen Menschen ferngehalten hatte, betonte, er sei unschuldig. Der Prozess musste wegen eines Richterwechsels im Senat neu gestartet werden.

Schon beim ersten Mal hatte der angeklagte Deutsche ein ungewöhnliches Verhalten an den Tag gelegt. Er lehnte alles und jeden ab, Richter, Staatsanwältin und sogar die Anklage selbst, die er als gefälscht bezeichnete. Der Prozess war im Oktober vertagt worden, nun wurde er nochmals durchgeführt. Eine beisitzende Richterin war erkrankt, und mit einem Wechsel - der Vorsitzende wäre gleich geblieben - war der Angeklagte nicht einverstanden.

Soll Vater erstickt haben

Der 55-Jährige, der seinen Vater gepflegt und ihn von allen anderen Menschen ferngehalten hatte, soll den 82-Jährige erstickt haben. Die Leiche wurde im Krematorium im letzten Moment sichergestellt. Nach dem Tod des Mannes hatte der Arzt zunächst nichts Auffälliges festgestellt. Der Angeklagte rief noch in der Nacht die Bestattung an und verfügte die Verbrennung des Leichnams. Doch Verwandten kam die Sache komisch vor und sie informierten die Polizei. Der Gerichtsmediziner entdeckte dann tatsächlich Anzeichen eines gewaltsamen Todes durch Ersticken. Der Angeklagte leugnete von Anfang an, einen Mord begangen zu haben: "Ich habe meinen Vater über alles geliebt", beteuerte er.

Bereits im Vorfeld hatte der Mann alle angezeigt, von der Staatsanwältin über den Richter und die Ermittler bis hin zu Mitgliedern des Einsatzkommandos Cobra. Er fühlte sich permanent verfolgt und unverstanden, was sich offenbar durch die Monate in Untersuchungshaft noch verstärkt hat. "Ich habe Sie abgelehnt, weil Sie Beweismittel unterdrückt haben", sagte er gleich zu Beginn zu Richter Gerhard Leitgeb.

Als sein Redefluss, gespickt mit Paragrafen aller Art, nicht zu stoppen war, unterbrach ihn der Richter. "Ich ermahne Sie", versuchte er es, doch er kam nicht weit. "Sie haben kein Recht, mich zu ermahnen", fuhr der 55-Jährige gleich dazwischen und fügte hinzu: "Sie verdrehen die Gesetze, wie Sie wollen."

Staatsanwältin von Schuld überzeugt

"Er hat seinen Vater kaltblütig ermordet", war Staatsanwältin Nora Lackner überzeugt. Sie räumte ein, dass sicher mehrere Personen hinter dem Geld des Toten her gewesen wären, aber "er war der Einzige, der Gewalt ausgeübt haben kann".

Der Angeklagte wollte eine 55-seitige Verteidigung vorlesen. "Das ist eine Befragung, keine Lesestunde", unterband der Richter das Vorhaben. Also begann der Angeklagte, die Geschichte weitschweifig aus dem Gedächtnis zu schildern.

Angeklagter: "Er starb im Schlaf"

Der Angeklagte blieb auch beim Neustart des Prozesses dabei, dass sein Vater eines natürlichen Todes gestorben sei. Der 82-Jährige habe plötzlich nicht mehr geatmet, beschrieb er. Der Gerichtsmediziner hatte dagegen Gewaltanwendungen gegen den Hals festgestellt. Weil der Angeklagte mit dem Austausch einer beisitzenden Richterin nicht einverstanden war, mussten alle Zeugen nochmals gehört werden.

Sein Vater habe einfach aufgehört zu atmen, er habe das dann auch mit einem Spiegel überprüft, schilderte der Angeklagte. Den Arzt hatte er erst später verständigt. "Warum haben Sie nicht versucht, ihn wiederzubeleben?", fragte eine Geschworene. "Er war sterbenskrank, er hätte nur mehr ein paar Monate gelebt", rechtfertigte sich der Beschuldigte. "Warum haben Sie es nicht wenigstens versucht?", fragte die Laienrichterin weiter. "Gott entscheidet den Tag der Geburt und des Todes", antwortete der 55-Jährige.

Der Angeklagte hatte sich immer als Sachverständiger für Kunst und ganz besonders als Renoir-Experte bezeichnet. Einer der Ermittler erklärte als Zeuge, dass der Beschuldigte "kein zertifizierter Sachverständiger" sei. Dagegen wehrte sich der Mann heftig. "Ich habe Kurse besucht, ich bin Sachverständiger", rief er erbost. "Stimmt ja nicht, das ist ein Blödsinn", meinte sein eigener Verteidiger, doch auch das prallte an dem Deutschen ab.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, dann sollte es auch ein Urteil geben.


 

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