Lawinen-Drama

6 Stunden neben toter Freundin

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Ein Liebespaar wird in Tirol verschüttet. Der Mann überlebt, die Frau stirbt nur wenige Zentimeter daneben.

Es war eine Horror-Woche auf Österreichs Bergen. Neun Personen kamen unter den Schneemassen um. Trauriger Rekord: Innerhalb von 24 Stunden starben sechs Leute. Eine Geschichte bewegt das Land besonders: Ein junges Liebespaar geht gemeinsam auf Skitour. Bei einer Lawine stirbt die Frau, der Mann – er ist wenige Zentimeter entfernt gefangen im Schnee – überlebt. Das Protokoll des tragischen Unfalls:

Donnerstagvormittag starten Elke F. (27) und ihr Freund Nikolaus H. (35) ihre Tour auf den Sonntagsköpfl (2244 Meter hoch) im Zillertal in Tirol. Die Deutschen aus Hausham (Bayern) waren sehr verliebt, wohnten erst seit einem Jahr zusammen. Sie waren erfahrene Tourengeher, nahmen zur Sicherheit Lawinenpiepser mit.

Nur wenige Zentimeter entfernt
Um 14.00 passiert das Drama: Sie treten eine Lawine los, werden hilflos vom Schnee mitgerissen. Nikolaus H. hat unfassbares Glück: Um sein Gesicht bildet sich ein Luftraum – er kann atmen. „Die ganze Zeit über wusste er, dass seine Freundin tot neben ihm liegt“, sagt der Bergretter Michael Knauer. Elke F. war nur wenige Zentimeter entfernt – eine Distanz, die offenbar über Leben und Tod entschied.

Notruf nach 5 Stunden
Nikolaus H. liegt wie einbetoniert unter 30 Zentimeter Schnee. Fünf Stunden lang versucht der Bayer verzweifelt an sein Handy zu kommen, das er am Körper trägt. Um 19.00 Uhr kann er erst einen Notruf absetzen.

In der Bergrettungszentrale wird rasch reagiert. Problem: Um diese Uhrzeit sind keine Hubschrauber mehr in Betrieb. Zu gefährlich sind Flüge im Dunklen. Doch innerhalb von 20 Minuten findet sich ein mutiger und ortskundiger Pilot. Mit an Bord: Ein Hundeführer, eine Notärztin und Bergretter. Einer von ihnen war Michael Knauer: „Das Opfer dirigierte uns per Handy. Er sagte uns, ob der Fluglärm leiser oder lauter wurde – so fanden wir ihn schließlich“. Mittlerweile war es 20.30 Uhr.

Beinahe unverletzt
Hundeführer und Bergretter gruben Nikolaus H. aus: „Er hat gesund gewirkt, sagte nur, wie kalt ihm ist“, beschreibt Knauer die Situation. Besonders dramatisch: Der Überlebende musste zusehen, wie seine verstorbene Freundin ausgegraben wurde. Dann wurde er per Hubschrauber ins LKH-Innsbruck geflogen.

Nikolaus H. liegt noch immer im Spital. Ihm geht es physisch gut: Er kann selber essen, sich um seine Hygiene kümmern. Aber erst jetzt realisiert er, dass seine Freundin direkt neben ihm gestorben ist – er ist psychisch am Ende.

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