Österreichischer Student und freier Journalist weist Anklage zurück. ÖSTERREICH ist live vor Ort.
Heute um 10.30 Uhr startete der Prozess gegen den Politikstudenten und Journalisten Max Zirngast (30) im „26. Gerichtshof für Schwerverbrechen“ in Ankara. Dem 30-Jährigen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Zirngast schrieb für eine oppositionelle Zeitung über weltpolitische Themen, äußerte sich aber auch kritisch über das politische Geschehen in der Türkei.
Im Vorjahr geriet das Blatt daher ins Visier der Behörden. Die Staatsanwaltschaft stellte eine Verbindung zu der von der türkischen Regierung als Terrororganisation eingestuften TKP/K her und warf Zirngast vor, selbst ein Terrormitglied zu sein.
Anklage: »Mitgliedschaft bei Terrororganisation«
„Dabei ist nicht belegt, ob es die TKP/K überhaupt noch gibt“, sagt Zirngast zu ÖSTERREICH. „Das Ganze ist nicht fair, sondern eine grundlose und substanzlose Einschränkung von Grundrechten und Grundfreiheiten. Ich hoffe, dass das Gericht unvoreingenommen ist und uns zumindest zuhört“, so Zirngast.
Die Verbindung zwischen der angeblichen Terrororganisation und der Zeitung – es handelt sich dabei um die offizielle Zeitung der derzeit in Gründung befindlichen „Parteiinitiative für Soziale Freiheit“ – sei willkürlich hergestellt worden. Die Zeitung, die über ein Impressum verfügt, sei völlig legal.
Heute kein Urteil
Der letzte polizeiliche Beleg für die Existenz von TKP/K gehe auf das Jahr 2012 zurück. Zirngast lebt aber erst seit 2015 in der Türkei.
Trotzdem wurde Zirngast im September 2018 verhaftet und kam im Dezember wieder unter Auflagen – ein Ausreiseverbot etwa – auf freien Fuß. Der 30-jährige Steirer sagte heute zum ersten Mal vor Gericht aus. "Das, was ich mache ist nur Kritik ausüben. Ich habe niemanden beleidigt. Ich habe nur Analysen geschrieben. Ich stehe hinter allem, was ich geschrieben habe. Das ist meine journalistische und politische Meinung", so Zirngast selbstbewusst zum vorsitzenden Richter.
Kleiner Teilerfolg: Auflagen leicht gelockert
Das von seinem Anwalt beanstandete Ausreiseverbot konnte zwar nicht gekippt werden, allerdings gab es dennoch einen kleinen Teilerfolg für den Österreicher. Die Auflagen wurden aber insofern gelockert, als dass Zirngast sich nicht mehr wöchentlich bei der Polizei melden muss. Sein Vater sieht das positiv: "Lockerung sehe ich als ein Signal", sagt er nach der Verhandlung, die rund eine Stunde dauerte, gegeüber ÖSTERREICH.
Es sei möglich, dass sich der Prozess über mehrere Jahre erstrecken könnte. Der nächste Verhandlungstermin ist erst am 11. September angesetzt. Es drohen bis zu 7,5 Jahre Haft.L. Eckhardt