Der österreichischen Polizei ist in Zusammenarbeit mit deutschen Kollegen in Wien ein Schlag gegen eine europaweit agierende Schlepperbande gelungen.
Am Donnerstag um 5.00 Uhr gab es zeitgleich in der Bundeshauptstadt und in Landau in der Pfalz vier Hausdurchsuchungen. In Favoriten wurden zwei Bandenmitglieder in einer sogenannten Bunkerwohnung festgenommen, sagte Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt (BK). Die Kriminellen bewarben ihre Schleppungen über TikTok.
Laut dem Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im BK handelt es sich bei den Festgenommenen um zwei türkische Staatsangehörige, ein 30-jähriger Mann und eine 37-jährige Frau, die als Organisatoren der Taten fungierten. Sie wurden am Donnerstag bereits einvernommen. Dabei sollte geklärt werden, welche Position die beiden in der Hierarchie der Bande eingenommen hatten. "Nullnummern dürften sie keine sein", sagte Tatzgern.
In der Bunkerwohnung befanden sich auch 16 syrische und türkische Staatsangehörige, die auf die Weiterreise nach Deutschland warteten. Die Kriminellen waren gerade dabei, die Weiterschleppung zu organisieren, deshalb entschieden die Ermittler, am Donnerstag zuzugreifen. Der Einsatz wurde unter Einbindung des Bundeskriminalamtes durch das Wiener Landeskriminalamt koordiniert. Dabei wurde auch die Wiener Spezialeinheit Wega zugezogen. Da niemand die Wohnung öffnete, musste die Tür durch die Wega gewaltsam aufgebrochen werden. Mehr als ein Dutzend Beamte waren im Einsatz.
"Die Schlepper brauchen einen Zwischenbunker für die Migranten, und zwar dort, wo es am wenigsten auffällt", sagte Tatzgern. Dort werden sie bis zur Weiterreise festgehalten. Die Polizei fand in der Wohnung in Favoriten auch Geld und Schmuck im Wert von über 15.0000 Euro. Des Weiteren wurde eine Schreckschusspistole sichergestellt.
Wie professionell die Gruppierung dabei vorging, zeigt die Vermarktung von geglückten Schlepperfahrten in den Sozialen Medien. Vorrangig auf TikTok wurde aktiv Werbung für das Geschäftsmodell der nun festgenommenen türkischen Staatsangehörigen betrieben. Laut Tatzgern läuft diese Werbung über computergenerierte Telefonnummern, die schwerer zu lokalisieren seien.
Dem Zugriff vorangegangen waren mehrmonatige Ermittlungen der Bundespolizeiinspektion Passau. Bereits im Mai 2022 konnten erste Hinweise auf die Gruppierung erlangt werden. Im Laufe der folgenden Monate gelang es den Ermittlern, der Gruppierung die Beteiligung an zwanzig Schlepperfahrten von etwa 100 Migrantinnen und Migranten nachzuweisen. Die dabei neun festgenommenen Schlepper wurden von den zuständigen Behörden in Passau, Landshut und Traunstein in Untersuchungshaft genommen. Die Schlepperfahrten erfolgten teilweise unter lebensgefährdenden Bedingungen, da die Migranten auf Ladeflächen oder im Kofferraum der Fahrzeuge transportiert wurden. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand erwirtschaftete die Bande dabei rund 250.000 Euro.
Aufgrund der vorliegenden Beweislage erwirkte die Staatsanwaltschaft Passau im Anschluss beim zuständigen Amtsgericht Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse gegen die dringend tatverdächtigen Organisatoren, eben auch in Wien. Dieser erfolgreiche Schlag gegen die organisierte Kriminalität sei der sehr guten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Justiz- und Ermittlungsbehörden zu verdanken, betonten die österreichischen und deutschen Behörden.