ÖVP & Grüne

Angriff auf den Kanzler

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Ein Jahr nach dem SPÖ-Wahlsieg nimmt die ÖVP Alfred Gusenbauer ins Visier: Der Kanzler leide an Führungsschwäche und sei dauernd im Ausland.

Der Kanzler weilt in New York, die einst katastrophalen Umfragewerte für Alfred Gusenbauer zeigen wieder etwas nach oben - doch weder die ÖVP noch die Grünen gönnen dem SPÖ-Chef die Erholung.

Generalabrechnung
Der Grüne Peter Pilz hält Gusenbauer diverse Hubschrauber-Flüge unter die Nase. Und ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon nutzt ein Interview mit ÖSTERREICH zu einer Generalabrechnung mit dem Regierungspartner SPÖ im Allgemeinen und mit Gusenbauer im Speziellen: „Der Kanzler ist dauernd im Ausland unterwegs, lässt es sich gut gehen – und schaut nur hin und wieder vorbei. Die ÖVP macht inzwischen die Arbeit und setzt Marksteine“, kritisiert Missethon den einwöchigen Aufenthalt Gusenbauers in New York.

Inszenierung
Dabei stört dem ÖVP-Mann nicht die Reise an sich – sondern „das Übermaß an Inszenierung“: „Er besucht Galerien, trifft Bill Clinton und Arnold Schwarzenegger – und als einziges Ergebnis der Reise bleibt, dass es in Österreich zu wenig Thai-Restaurats gibt“, so Missethon. Er habe ja nichts gegen Auslandsreisen; „wenn sie den Österreichern etwas bringen“.

Arbeitsscheu
Generell wirft Gusenbauer der SPÖ vor, zu wenig zu arbeiten: Die SPÖ werde ihrem Ruf als Arbeiterpartei nicht gerecht: „Arbeiten scheint in der SPÖ irgendwie fremd geworden zu sein“ so Missethon und nennt ausdrücklich Sozialminister Erwin Buchinger: Der fahre halt „lieber gerne mit dem Motorrad – und so gehe das nicht.“ Das habe aber damit zu tun, dass Gusenbauer „die Führungsrolle nicht in die Hand nimmt“.

 

missethon
ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon
© APA

"Das sind keine würdigen Vetreter einer Arbeiterpartei, das Arbeiten scheint in der SPÖ etwas fremd geworden zu sein“

ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon im Zitat

Internet-Bilanz
Auf einer eigenen Homepage, die just am Montag den 1. Oktober freigeschaltet wird, nimmt die ÖVP den Kanzler zum Jahrestag des SPÖ-Wahlsiegs nochmals ordentlich ins Visier: „Das ist der richtige Zeitpunkt, um die SPÖ an ihre Wahlversprechen zu erinnern“, meint Missethon. Gusenbauer habe im Wahlkampf einfach zu viel versprochen.

Pilz hält Gusenbauer jetzt teure Heli-Flüge vor
Der Grüne Peter Pilz untersucht jetzt das Reiseverhalten des Kanzlers. In einer parlamentarischen Anfrage listet er allein für den Monat September vier Hubschrauberausflüge des Kanzlers auf:

Am 7. September sei der Kanzler zur Eröffnung der EM-Arena in Klagenfurt via Heli eingeschwebt.
Am 11. September ging's mit ÖVP-Sportstaatsekretär Lopatka zum Gugl-Meeting nach Linz. Dann flog Gusenbauer weiter nach Fuschl, um die Konferenz „Energy 2020“ zu eröffnen.
Am 12. September habe sich Gusenbauer mit dem Hubschrauber zurück nach Wien fliegen lassen – an diesem Tag war eine Ministerratssitzung. Diese Flüge seien mit einer Augusta Bell des Bundesheeres durchgeführt worden.
Und am 16. September flog der Kanzler nach Attnang-Puchheim zu einem Betriebsbesuch.

Pilz will jetzt die Gesamtkosten der Flüge wissen – der Grüne rechnet mit Kosten pro Flugstunde von rund 3.000 Euro. „Gusenbauer hat den Klimaschutz zur Chefsache erklärt. Mit den Flügen hat er jede Glaubwürdigkeit verloren“, meint der Grüne. Pilz vermutet, das der Kanzler öfter gern den Heli nimmt, wenn mal die Zeit drängt.

Kanzler Alfred Gusenbauer geht im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH in die Offensive und weist die Kritik der ÖVP an seiner Auslandsreise zurück: "Welche Kritik an meinem Aufenthalt in New York hat es gegeben?", fragt Gusenbauer. "Dass ich versucht habe für unsere Projekte im Bereich des Klimaschutzes Stimmung zu machen? Dass ich mich gemeinsam mit Außenministerin Plassnik für einen Sitz Österreichs im Sicherheitsrat eingesetzt habe? Ich denke diese so genannte Kritik richtet sich von selbst."

Gusenbauer zieht ein Jahr nach dem Wahlsieg vom 1. Oktober 2006 eine positive Bilanz: "Die Richtung stimmt: wir wollten ein sozialeres und faireres Österreich. Aber ich gebe zu, dass es mir zu langsam geht." Der Kanzler setzt hier seine ganze Hoffnung in den ÖVP-Perspektivenprozess: "Die ÖVP hat erkannt, dass das Festhalten an Bestehendem alleine nicht ausreicht. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie nach neuen Perspektiven, nach neuen Wegen sucht. Ich hoffe dass die ÖVP diese neuen Perspektiven sehr rasch finden wird. Das wäre die beste Garantie dafür, dass die ÖVP das Nein-Sagen einstellt."

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