1.029 Anträge im Jänner

Asyl-Welle aus dem Kosovo

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Weil der Kosovo keine Perspektiven bietet, reisen 30.000 Menschen im Monat aus.

Groß war die Hoffnung der Kosovaren auf eine selbstbestimmte Zukunft. Doch die Euphorie nach der Unabhängigkeit 2008 ist Verzweiflung gewichen. Grassierende Korruption sowie schwere Wirtschafts- und Regierungskrisen führen jetzt zum Massenexodus – auch nach Österreich. „Die Leute versuchen derzeit, ihre Zukunft woanders zu finden“, erklärt der österreichische Botschafter in Pristina Johann Brieger die Fluchtgründe.

Schon 1.587 Kosovaren suchten 2015 um Asyl an
30.000 Menschen reisen monatlich aus, sechs Prozent der Gesamtbevölkerung sind bereits geflüchtet. Immer mehr Kosovaren wollen auch Asyl in Österreich. 2014 wurden 1.901 Anträge gestellt. Im Jänner 2015 waren es 1.029, in der ersten Februar-Woche schon 558: eine Steigerung um 1.550 % im Vergleich zum Wochenschnitt im Vorjahr. Doch die Aussicht auf Asyl für Kosovaren tendiert laut Innenministerium „gegen null“.

Balkanreise
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will neben „Schnellverfahren“ jetzt auch „Gegenmaßnahmen“ im Kosovo treffen. Am Donnerstag trifft sie dazu ihren kosovarischen Amtskollegen Skender Hyseni in Wien. Nächste Woche bereist sie den Kosovo, Serbien und Montenegro.

(küe)

Botschafter: Flucht vor Armut, Arbeitslosigkeit

ÖSTERREICH: Wie ist die Stimmung im Kosovo?
Johann Brieger: Momentan, das sehen Sie an den Asylwerberzahlen, läuft es nicht gut. Die Stimmung ist durch die politische Krise ins Negative gekippt. Auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung hat sich zu wenig getan.

ÖSTERREICH: Warum flüchten die Leute aus dem Land?
Brieger: Armut und Arbeitslosigkeit sind ganz wesentliche Faktoren. Die Leute versuchen derzeit, ihre Zukunft woanders zu finden.

ÖSTERREICH: Viele suchen in Österreich um Asyl an. Gibt es Verfolgung im Kosovo?
Brieger: Grundsätzlich nicht, Einzelfälle sind nicht auszuschließen. Überwiegend sind es aber wirtschaftliche und soziale Gründe.

Mikl-Leitner: "Maßnahmen, um die Flucht
zu stoppen"

ÖSTERREICH: Warum treffen Sie Ihren Ministerkollegen aus dem Kosovo?
Johanna Mikl-Leitner: Es braucht Maßnahmen, um diese Massenauswanderung aus dem Kosovo zu stoppen. Wir brauchen eine klare Unterscheidung zwischen echten Kriegsflüchtlingen und Auswanderern aus wirtschaftlichen Gründen. Das heißt Schnellverfahren, aber auch massive Gegenmaßnahmen vor Ort. Darum habe ich meinen kosovarischen Kollegen um ein offenes Gespräch gebeten.

ÖSTERREICH: Was ist unter „Gegenmaßnahmen vor Ort“ zu verstehen?
Mikl-Leitner: Wir brauchen Informationskampagnen, damit den Leuten klar wird, dass es keinen Sinn hat, herzukommen. Die Versprechungen von Schleppern werden nicht eingelöst. Mittelfristig müssen die Menschen im Kosovo wieder eine Perspektive bekommen.

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