Gerichtsurteil

Bezeichnung "Idioten" für BZÖ-Mandatare erlaubt

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Gleich zwei Gerichtsniederlagen für das BZÖ: Die Mandatare müssen sich "Idioten" nennen lassen. Auch "blau-oranges Pack" geht durch.

Weitere Niederlage für das BZÖ und seinen Obmann Peter Westenthaler: Wie Recherchen ergaben, müssen sich die orangen Nationalratsabgeordneten laut einem rechtskräftigen Urteil "Idioten" nennen lassen. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat in nichtöffentlicher Sitzung unter der Geschäftszahl 17 Bs 11/07b eine Entscheidung des Wiener Landesgerichts für Strafsachen bestätigt, das ein von Peter Westenthaler angestrengtes Verfahren gegen den Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier mangels Vorliegen einer strafbaren Handlung eingestellt hatte.

Köhlmeier: 'Idioten müssen auch vertreten sein'
Köhlmeier war nach der Nationalratswahl neben anderen Künstlern und Kulturschaffenden von der Tageszeitung "Die Presse" um einen Kommentar zum Wahlergebnis gebeten worden. Köhlmeier stellte unter anderem fest: "Am meisten wundert mich, dass das BZÖ wieder ins Parlament kommt. Aber offensichtlich müssen die Idioten auch irgendwie vertreten sein." Davon fühlte sich Peter Westenthaler gleichermaßen angesprochen wie verunglimpft. Er reichte gegen den Autor eine Privatanklage wegen Beschimpfung ein, da Köhlmeier ihm als BZÖ-Spitzenkandidat vorgeworfen habe, ein Idiot zu sein.

Freie Meinungsäußerung
Die Klage wurde von der ersten Instanz nicht weiter behandelt, da diese die inkriminierten Äußerungen in jedem Fall als vom Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst sah und als zulässige Kritik ohne Wertungsexzess interpretierte. Das Erstgericht machte am Rande auch deutlich, dass Köhlmeier wohl eher BZÖ-Wähler als -Politiker gemeint habe, gestand jedoch Westenthaler sowie "künftigen Mandataren des BZÖ" grundsätzlich die Klagslegitimation zu. Mangels Vorliegen einer strafbaren Handlung stellte die zuständige Richterin mit Genehmigung der Ratskammer das Verfahren allerdings formell ein.

Gericht: Köhlmeier hat das "Kollektiv BZÖ" angesprochen
Westenthaler wollte sich damit nicht zufrieden geben. Er legte dagegen Beschwerde ein, der das OLG nun aber keine Folge gab. Dem durchschnittlichen Leser der "Presse" sei die "rigorose Asyl- und Einwanderungspolitik" des BZÖ ebenso bekannt "wie die Neigung des Spitzenkandidaten dieser Partei, den politischen Gegner des öfter verbal heftig zu kritisieren", ist in der druckfrischen OLG-Entscheidung wörtlich nachzulesen. Umso mehr müsse sich Westenthaler Köhlmeiers Kritik gefallen lassen, zumal dieser den BZÖ-Obmann "nicht namentlich angeführt, sondern lediglich als Teil des angesprochenen Kollektivs der BZÖ-Politiker" angesprochen habe. Der Schriftsteller habe Westenthaler nicht persönlich angegriffen und diffamiert: "Vielmehr zielt der verbale Angriff auf die von der Partei des BZÖ betriebene Politik." In Folge all dessen bestätigte das OLG die Vorgehensweise des Erstgerichts.

Niederlage 2: "Blau-oranges Pack"
Das BZÖ muss sich auch die Bezeichnung "blau-oranges Pack" gefallen lassen. BZÖ-Obmann Peter Westenthaler ist am Freitag im Wiener Straflandesgericht mit einer Klage gegen den Kabarettisten Werner Schneyder abgeblitzt, der nach den Nationalratswahlen von der Tageszeitung ÖSTERREICH zu seinen Regierungswünschen gefragt worden war. Schneyders Antwort ("Ich will nur dieses blau-orange Pack nicht!") hatte Westenthaler veranlasst, gegen diesen eine Privatanklage wegen Beleidigung und übler Nachrede einzureichen.

Scharfe Kritik erlaubt
Richterin Lucie Heindl-Koenig sprach den Doyen der heimischen Kabarett-Szene nun allerdings frei, obwohl sie den inkriminierten Ausdruck als "drastisch formuliert und per se abwertend" einstufte. Er sei jedoch nicht tatbestandsmäßig, da das Recht auf freie Meinungsäußerung auch scharfe Kritik zulasse, so lange kein Wertungsexzess vorgenommen werde. Dazu sei es im gegenständlichen Fall aber nicht gekommen. Zudem müssten gerade Politiker auch heftigere Kritik einstecken können - speziell Westenthaler, von dem "sattsam bekannt" sei, "dass er auch nicht mit g'schmackigen Äußerungen und Sagern spart", wie die Richterin in ihrer Begründung wörtlich feststellte. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Westenthalers Anwalt Michael Rami meldete dagegen unverzüglich Rechtsmittel an. "Ich bin nach 40 Jahren als Satiriker zum ersten Mal vor Gericht, was ich einigermaßen amüsant finde", hatte Schneyder zuvor in seiner Einvernahme dargelegt. Dabei habe er vor allem in München "Injurien losgelassen", doch "Politiker mit Format" wären damals ohne Einschaltung der Gerichte "darüber hinweggegangen".

"Westenthaler" heißt in Kärnten "Haider"
Mit dem Ausdruck "Pack" habe er "meine politische Animosität gegenüber dieser Partei zum Ausdruck bringen wollen, ohne jemanden persönlich zu beleidigen", sagte der Künstler. Er habe die Bezeichnung vom Sprichwort "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" abgeleitet. In dem Interview hatte Schneyder dem BZÖ auch "Wahlschwindel" unterstellt, weil die Partei in Kärnten als "Liste Haider" und im übrigen Österreich als "BZÖ - Liste Westenthaler" angetreten sei. Auch diese Passage hatte Westenthaler wegen angeblicher Beleidigung eingeklagt, wozu sich der 70-jährige Kabarettist, Satiriker und Schriftsteller ebenfalls "nicht schuldig" bekannte: "Das ist eine politische Aussage, zu der ich vollinhaltlich stehe." Er stehe allerdings nicht an, den Wahlstrategen des BZÖ zu gratulieren, "dass sie das bei der Wahlbehörde durchgebracht haben." Er nehme zur Kenntnis, "dass Westenthaler in Kärnten Haider heißt", so Schneyder.

Die Richterin sprach Schneyder auch in diesem Anklagepunkt frei. Dessen ungeachtet drückte Schneyders Anwalt Gerald Ganzger sein Unbehagen darüber aus, dass Kabarettisten derzeit Gefahr laufen, statt auf der Bühne in Gerichtssälen zu landen. Demnächst muss sich ja Florian Scheuba wegen angeblicher Beleidigung von Fiona Grasser-Swarovski vor dem Kadi verantworten. "Wir erwarten uns doch gerade von Kabarettisten, dass sie pointiert formulieren, dass sie scharfzüngig sind", gab Ganzger zu bedenken.

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