Buwog-Prozess

Überraschung: Grasser wurde weiter befragt

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Am Dienstag ging der Buwog-Prozess weiter – und begann anders als erwartet

Der 51. Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere hat heute, Dienstagvormittag, mit einer Verwirrung um die Sitzordnung begonnen. Da die Grasser-Anwälte verfahrenskonform während der Befragung ihres Klienten einen anderen Platz einnehmen müssen und dies nicht gleich gelang, wurde Richterin Marion Hohenecker kurz laut.

Nachdem Grasser-Anwalt Manfred Ainedter im ersten Anlauf nicht ganz den richtigen Platz erwischte, landete er inmitten unter den Vertretern der Privatankläger - also jenen, die sich mit Schadenersatz gegen Grasser und die Mitangeklagten am Prozess beteiligen. "Mitten im Feindesland", kommentierte dies Ainedter zur allgemeinen Erheiterung und fand sich dann mit Grasser-Co-Anwalt Norbert Wess am richtigen Sitzplatz ein: Neben der Anklagebehörde, also den beiden Oberstaatsanwälten.

Grasser meldete sich anfänglich zu Wort, um noch einmal auf einen der Kernpunkte des Prozesses einzugehen - inwieweit er wissen konnte, wie hoch das Angebot sein müsse, um beim Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) den Zuschlag zu bekommen. Bekanntlich bot in der zweiten und letzten Runde die CA Immo 960 Mio. Euro, die siegreiche Immofinanz 961 Mio. Euro. Zufall, wie die Angeklagten meinen.
 

"Präzisiserungen"

Grasser verwies heute darauf, dass ihm bei der Befragung im Gerichtssaal vorige Woche Unterlagen fehlten, die er nun nachgelesen habe und deshalb noch einige "Präzisierungen" tätigen möchte. Er las aus einem Protokoll des parlamentarischen Untersuchungsausschusses seine eigenen Aussagen vor, in denen er damals davon gesprochen hatte, wer aller die Zahl von 960 Mio. Euro, Finanzierungsrahmen der CA Immo in der ersten Runde, gekannt haben könnte. Er habe schon damals gesagt, dass man daraus aber nichts für die zweite Runde ableiten könne.

Danach war wieder - wie schon Ende vergangenen Woche - der Vertreter der CA Immo am Wort, Rechtsanwalt Johannes Lehner. Die CA Immo hat eine Schaden von 200 Mio. Euro geltend gemacht, was Grasser so verärgert, dass er sich weigert, die Fragen von Lehner im Wiener Straflandesgericht zu beantworten. Dies setzte der Ex-Minister auch heute wieder fort, er nehme sein Recht auf Entschlagung in Anspruch. Dies tat er bereits zuvor bei den Fragen durch die Staatsanwälte.

Unverändert blieb auch die Unzufriedenheit der Richterin mit einem Teil der Fragen von Lehner, denn er dürfe Grasser nicht vorhalten, dass seine Erklärungen "unglaubwürdig" seien. Und auch die Verteidiger von Grasser sowie eines Mitangeklagten zeigten sich mit der Art der Befragung nicht einverstanden.
 

SPÖ will Grasser vor Eurofighter-U-Ausschuss sehen

Für Grasser hat sich, durch seine Aussagen vergangene Woche, inzwischen eine Nebenfront aufgetan. Der ehemalige Finanzminister unter der Regierung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hatte im Großen Schwurgerichtssaal erklärt: "Ich habe einige Unterlagen zu den Eurofighter-Anschaffungen mitgenommen, weil damals schon klar war, dass es ein umstrittenes Thema war." Hingegen habe er keine Buwog-Unterlagen nach Hause mitgenommen.

Die SPÖ zeigte sich darüber empört, Akten seien entweder dem Nachfolger oder dem Staatsarchiv zu übergeben. Sie will nun Grasser in den laufenden Eurofighter-Untersuchungsausschuss laden.

Die dieswöchige Verhandlungswoche geht von Dienstag bis Donnerstag. Sind Lehner und die Verteidiger von Grasser und den anderen Angeklagten mit ihren Fragen an den Ex-Minister fertig, dann muss der ehemalige Anwalt des zweitangeklagten Ex-FPÖ-Generalsekretärs Walter Meischberger, Gerald Toifl, Rede und Antwort stehen. Auch er sitzt auf der Anklagebank. Weiters ist die Einvernahme des Schweizer Vermögensverwalters Norbert Wicki noch ausständig.

Lehner lässt sich von Grassers Schweigen nicht abschrecken

Der Privatbeteiligtenvertreter der CA Immo, Johannes Lehner, hat im Korruptionsprozess rund um die Bundeswohnungsprivatisierung sein Fragerecht genutzt, obwohl der Hauptangeklagte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) seine Fragen nicht beantwortete. Lehner fragte etwa zu den Terminen Grassers beim - mitangeklagten - Anwalt Gerald Toifl, dem damaligen Anwalt von Walter Meischberger.

Die CA Immo war bei der Privatisierung der Bundeswohnungen zunächst vorne, in der zweiten Vergaberunde aber dann knapp hinter dem Österreich-Konsortium (Immofinanz, RLB OÖ und andere) gelegen. Beim Strafprozess hat sich die CA Immo dem Verfahren angeschlossen und fordert von Grasser 200 Mio. Euro.

Grasser habe bei einer Einvernahme gesagt, er sei zwei- oder dreimal bei Toifl gewesen, so Lehner. Aus dem Leistungsverzeichnis von Toifl ergebe sich jedoch, dass Grasser wesentlich öfter bei Meischbergers Anwalt gewesen sein müsse: Demnach sei Grasser mit anderen gemeinsam von September bis November 2009 insgesamt 39 Stunden bei Toifl gewesen, davon seien alleine auf Grasser 13 Stunden entfallen. Insgesamt habe Toifl für das "Projekt Omega", wie die Causa bei ihm hieß, von September bis November 2009 145 Arbeitsstunden aufgewendet. Im Herbst 2009 waren erstmals Berichte über einen Korruptionsverdacht bei der Bundeswohnungsprivatisierung aufgetaucht.

"Die Vergabe der Bundeswohnungen war rechtlich einwandfrei, daher ist die Forderung der CA Immo von 200 Mio. Euro mir gegenüber in keiner Weise nachvollziehbar", sagte Grasser auf die Fragen von Lehner. Daher mache er von seinem Recht auf Entschlagung Gebrauch.

Anwalt: Vergabekommission gab nur Empfehlung ab

Der Privatbeteiligtenvertreter der beim Buwog-Verkauf unterlegenen CA Immo, Johannes Lehner, hat heute den Erstangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (ÖVP/FPÖ) im Wiener Straflandesgericht mit Fragen gelöchert, die trotz des Schweigens von Grasser interessante Einblicke boten.

So wollte er von Grasser am 51. Verhandlungstag im Buwog/Terminal Linz-Prozess wissen, warum er beim Buwog-Vekauf immer auf die Entscheidungsgewalt der Vergabekommission verwies, obwohl diese nur Empfehlungscharakter hatte. Auch das ließ Grasser mit Verweis auf sein Entschlagungsrecht unbeantwortet.

Unbeantwortet ließ Grasser auch die Frage von Lehner, warum das sogenannte Schwiegermuttergeld von ihm und nicht von seiner Frau, die von ihrer Mutter angeblich beschenkt wurde, verwaltet wurde. Einmal mehr war auch nicht ganz klar, ob die 500.000 Euro der Schwiegermutter nun ein Geschenk oder ein Darlehen waren.

Dableiben müssen neben Grasser noch sein Trauzeuge, der Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, der Lobbyist Peter Hochegger sowie Meischbergers Ex-Anwalt Gerald Toifl und der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki. Die beiden Letzteren wurden noch nicht durch Richterin Hohenecker befragt, sie sind nun an der Reihe. Ihnen wirft die Anklagebehörde eine Verschleierung einer Straftat vor, was sie bestreiten.

oe24 berichtet LIVE über den heutigen Prozesstag

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