Rudi Fußi

WhatsApp-Affäre

Causa Silberstein: Freispruch für Fußi

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Richter sah "keine konkreten Drohungen" - Staatsanwältin legte Berufung ein

Mit einem Freispruch für den PR-Berater und Kabarettisten Rudolf Fußi sind am Dienstag am Wiener Landesgericht strafrechtliche Nachwehen der Silberstein-Affäre zu Ende gegangen. Fußi, der als Redenschreiber für den damaligen Bundeskanzler und SPÖ-Spitzenkandidaten Christian Kern in den Nationalratswahlkampf 2017 involviert war, hatte einer jungen Frau ruppige WhatsApp-Nachrichten zukommen lassen.
 

Anklage wegen Nötigung

Diese wurden von der Oberstaatsanwaltschaft Wien als Nötigung qualifiziert, Fußi landete daher auf der Anklagebank. Er hatte die Empfängerin der Nachrichten verdächtigt, interne Dokumente und Unterlagen aus dem SPÖ-Wahlkampf der ÖVP zugespielt zu haben. Die 27-Jährige soll mit dem Stiefsohn eines hochrangigen ÖVP-Politikers liiert gewesen sein, was die Studentin allerdings bestreitet. Fest steht, dass sie im November 2016 vom umstrittenen israelischen Politikberater Tal Silberstein als Übersetzerin angestellt wurde, den Kerns Wahlkampf-Team als vermeintlichen "Wunderwuzzi" mit an Bord geholt hatte. Silberstein sollte Kern das Kanzleramt sichern, stattdessen wurde er im August 2017 in seiner Heimat unter Korruptionsvorwürfen festgenommen. Seine Übersetzerin stand plötzlich ohne Job da, ihre Bemühungen, bei der SPÖ unterzukommen, scheiterten.
 
In weiterer Folge landeten Parteiinterna in der Öffentlichkeit, die Fußi - seinen Angaben zufolge Verfasser von Kerns "Plan A"-Rede und Mediencoach des damaligen Kanzlers - in Rage versetzten. Für ihn stand fest, dass nur Silbersteins ehemalige Übersetzerin diese geleakt haben konnte. Daher schickte er ihr am 5. Oktober binnen siebeneinhalb Stunden 14 Textnachrichten. "Egal, was dir die ÖVP dafür gegeben hat. Ich gebe dir das Doppelte und sorge dafür, dass dir rechtlich nichts passieren wird", schrieb er zunächst.

Tiefe Enttäuschung

Die Frau sollte "auspacken" und öffentlich zugeben, die Daten weitergegeben zu haben, dann werde er sie "schützen", schlug er ihr vor. Als die Adressatin nicht reagierte, wurde Fußi unfreundlicher: "Sie (die SPÖ, Anm.) haben deine Telefonprotokolle. Und klagen dir den Arsch weg. [...] Sie werden nie eine Ruhe geben. Morgen Deal oder ich kann dir nicht mehr helfen." Zuletzt hieß es: "Du kommst da auch nimmer raus. Du bist die Einzige, die alle Mails bekommen hat. Glaub mir, so ein Leben willst nicht führen. Oder glaubst du, die Partei lässt dich in Ruhe, wenn du sie versenkst? Die klagen dich in Grund und Boden und zerren dich durch die Arena."
 
Dass seine Diktion nicht unbedingt höflich war, gestand Fußi in seiner Verhandlung zu. Das sei Ausdruck seiner tiefen Enttäuschung gewesen. Einerseits sei er mit der jungen Frau befreundet und daher persönlich betroffen gewesen, andererseits habe diese "Hochverrat" an der SPÖ bzw. Christian Kern begangen. Für ihn sei "eine Welt zusammengebrochen". Es sei "keine lustige Sache, wenn man seine eigenen Mails an den Bundeskanzler in der Zeitung liest". Er habe verstehen wollen, weshalb die Frau "Vertrauensbruch" bzw. "Hochverrat" begangen habe. Sie sei "entweder erpresst oder von jemandem unter Druck gesetzt worden", vermutete Fußi.
 
Die 27-Jährige versicherte demgegenüber als Zeugin unter Wahrheitspflicht, die Daten nicht abgezapft zu haben. Es wundere sie zwar nicht, dass sie Rudolf Fußi verdächtige. Dennoch: "Ich war es nicht." Auf die Frage des Richters, wer es dann gewesen sei, erwiderte die 27-Jährige: "Das kann ich nicht sagen." Ihr sei während des Wahlkampfs aufgefallen, "wie sorglos mit sensiblen Daten umgegangen wird. Ich hab' mir oft gedacht, welches Haus voller Sicherheitslücken die SPÖ ist", berichtete die Studentin. Noch vor wenigen Wochen sei es ihr gelungen, sich im Cafe Landtmann mit ihrem privaten Laptop ins WLAN der in der Nähe befindlichen Parteizentrale in der Löwelstraße einzuloggen: "Das Passwort wurde nicht geändert." Außerdem sei die SPÖ ein "Intrigantenstadel" gewesen, immer wieder wären "vertrauliche Informationen aus dem innersten Kreis rausgespielt" worden.
 

Keine konkrete Drohung

Fußis WhatsApp-Nachrichten hätten sie "wirklich verängstigt", betonte die 27-Jährige. Sie hätte Schlaf- und Essstörungen davon getragen: "Er hat gesagt, du hast keine Zukunft mehr. Das ist für einen jungen Menschen eine sehr große Belastung." Obendrein hätte sie kurz zuvor einen Brief eines SPÖ-Anwalts erhalten, in dem festgehalten wurde, der SPÖ sei aufgrund der geleakten Unterlagen ein finanzieller Schaden "in siebenstelliger Höhe" entstanden. Man werde aber auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und die Einleitung strafrechtlicher Schritte verzichten, wenn sich die 27-Jährige an der Aufklärung des Sachverhalts rückhaltlos beteilige und ihre Rolle in der Affäre offenlege. Auch darauf hatte die junge Frau nicht reagiert.
 
Am Ende kam Richter Wolfgang Etl zum Schluss, dass die inkriminierte Nötigung nicht gegeben war. Die WhatsApp-Nachrichten hätten "keine konkreten Drohungen" enthalten. Fußi habe sich "kantiger Formulierungen" bedient, es habe sich dabei aber um "situationsbedingte Unmutsäußerungen" und keine Einschüchterungsversuche gehandelt. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig meldete dagegen volle Berufung an.
 
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