Grüner Racheakt

Die Grünen rechnen mit Glawischnig ab

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Chaostage bei den Grünen: Eva Glawischnig laufen inzwischen die altgedienten Funktionäre in Scharen davon – oder rechnen knallhart ab.

23 Jahre war Stefan Schennach bei den Grünen. Am Mittwoch gab der Bundesrat überraschend seinen Wechsel zur SPÖ bekannt – wieder einer, der den Grünen Adieu winkt. Nicht nur den Basisaktivisten kann Parteichefin Eva Glawischnig keine politische Heimat mehr bieten.

"Der Aderlass an klugen Köpfen geht weiter“, kritisiert Ex-EU-Abgeordneter Johannes Voggenhuber im ÖSTERREICH-Interview. Er glaubt an eine Strafaktion, weil Schennach als Bundesrat nicht immer auf Linie abgestimmt hat.

"Glauben Sie wirklich, sie mischt sich nicht ein?“
Voggenhuber selbst wurde 2009 für ihn überraschend nicht zum Spitzenkandidat für die EU-Wahl aufgestellt. Schennach wurde im Jänner dieses Jahres bei der Listenerstellung für die Wien-Wahl in seinem Bezirk Döbling nicht einmal zur Wiederwahl zugelassen. Sein Bundesratsmandat ist davon zwar unabhängig, doch für Schennach war die Erfahrung trotzdem "schmerzhaft“. "Aber mein Wechsel zur SPÖ hat damit nichts zu tun, sonst hätte ich nicht bis jetzt gewartet“, sagt Schennach. Dass er in Döbling gehen musste, weil er sich als Bundesrat nicht der Parteiführung unterordnen wollte, glaubt er selbst nicht. Doch Voggenhuber sagt: "Glauben Sie wirklich, dass Glawischnig sich bei so einer wichtigen Wahl nicht einmischt?“

Wien-Chefin Vassilakou: „Ich bin kein Dompteur.“
"Die Grünen vermitteln wieder das chaotische Bild der basisdemokratischen zerstrittenen Partei aus früheren Tagen“, urteilt Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. Die Chance bei der Wiener Wahl am 10. Oktober in Mariahilf und in der Josefstadt den Bezirksvorsteher zu stellen, sind vertan, in beiden Bezirken treten die Gegenlisten "Echt Grün“ an. In der Steiermark sprang in letzter Sekunde Spitzenkandidat Jörg Martin Willnauer für die Wahl am 26. September ab. Zur Causa Schennach schweigt Glawischnig. Stattdessen wird Wiens Grünen-Chefin Vassilakou schnippisch: "Ich bin Parteichefin, kein Dompteur.“

Johannes Voggenhuber im ÖSTERREICH-Interview:

ÖSTERREICH:
Was sagen Sie zum Wechsel Stefan Schennachs?

Voggenhuber:
Der Aderlass an klugen Köpfen geht weiter. Schennach war Grüner der ersten Stunde und hat sich in der internationalen Politik eine einzigartige Position erarbeitet. Dabei hat man ihn nicht unterstützt.

ÖSTERREICH:
Warum wussten die Grünen Schennachs Arbeit nicht zu schätzen?

Voggenhuber:
Weil die Parteispitze ein Problem mit eigenständigen Köpfen hat. Van der Bellen und Glawischnig fassten den strategischen Entschluss, die Partei nur als Apparat zu benutzen.

ÖSTERREICH:
Wo wurde Schennach unbequem?

Voggenhuber:
Als Bundesrat wurde er von der Parteiführung aufgefordert, dem sogenannten Demokratiepaket mit der Verlängerung der Legislaturperiode zuzustimmen, was er nicht gemacht hat. Natürlich ist es bequemer, sich nur alle fünf Jahre Wahlen stellen zu müssen! Aber wir sind doch für mehr Demokratie angetreten! Ich glaube, da waren auch Koalitionsliebäugeleien im Spiel.

ÖSTERREICH:
Glawischnig sagt, sie hat nichts mit den Bezirkslisten zu tun?

Voggenhuber:
Glauben Sie wirklich, dass sie sich bei so einer wichtigen Wahl nicht einmischt?

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