Arigona

Die ersten Fotos nach der Flucht

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Der Bundespräsident schlägt vor: Asylwerber sollen nach sieben Jahren in Österreich bleiben dürfen. Indes sind die ersten Bilder von Arigona nach ihrer Flucht aufgetaucht.

Ein Mädchen im blauen "adidas"-Sweater im Gespräch mit ihrem Beschützer, dem Dorfpfarrer von Ungenach.

arigona
© APA

Das Schicksal der 15-Jährigen berührt derzeit wie kein anderes die Herzen der Österreicher. Nach ihrer spektakulären Flucht - keine 24 Stunden befand sie sich an ein und demselben Ort, bevor sie in einer Nacht- und Nebelaktion in die Obhut des Dechants Josef Friedl gebracht wurde - sieht man ein junges, sorgenvoll in die Zukunft blickendes Mädchen.

Fischer: Asylwerber sollen nach 7 Jahren bleiben
Bundespräsident Heinz Fischer machte am Donnerstag einen konkreten Vorschlag zur Abschiebungsdebatte ausgelöst durch den Fall Arigona Zogaj und ihrer Familie. Seiner Auffassung nach sollten integrierte Asylwerber nach sieben Jahren bleiben dürfen, meint Fischer. Das wäre nicht nur human, sondern würde auch die Behörden entlasten.

Mehr zum Vorschlag des Präsidenten lesen Sie hier .

Bezirksbeamte pro Arigona
Für Arigona und ihre Mutter gibt es neue Hoffnung auf einen humanitären Aufenthalt. Grund ist der Kriterienkatalog, den ÖVP-Innenminister Günther Platter und der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer am Tag von Arigonas Verschwinden ausgehandelt haben. Basierend darauf hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eine "Anregung" ans Innenministerium verschickt.

Für Arigona und Mutter
"Die Sachvoraussetzungen haben sich geändert", begründet Bezirkshauptmannstellvertreter Martin Gschwandtner den Schritt. Der neue Katalog berücksichtige auch Kriterien wie Sprache oder Integrationsgrad. Davor habe es eine "klare Judikatur gegeben, die genau diese Dinge als nicht relevant eingestuft hat".

Die "Anregung" sei vor einer Woche verschickt worden und gelte nur für Mutter und Tochter Zogaj, nicht für die übrigen fünf Familienmitglieder. Diese liegen nicht in der Kompetenz der Bezirkshauptmannschaft, weil sie nicht mehr in Österreich sind.

Neue Kriterien maßgeblich
Der Kriterienkatalog war von Platter und Pühringer erst am 26. September 2007 vereinbart worden. Am selben Tag wurde die Familie Zogaj von der Polizei abgeholt. Arigonas Vater und ihre vier Geschwister wurden tags darauf in den Kosovo abgeschoben, ihre Mutter durfte vorerst bleiben, weil die 15-Jährige verschwunden war. Daher könnte das Papier für die beiden Frauen doch noch zur Anwendung kommen.

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Arigonas Flucht
Pfarrer Josef Friedl sitzt mit einem ihm unbekannten Mann im Auto und wird per Handy mitten in der Nacht auf die A 1 gelotst. Die Fahrt geht bis nach Wien, dort passieren sie mehrere Straßen. Auf einem kleinen, dunklen Parkplatz werden sie angehalten. Plötzlich hält ein zweites Fahrzeug und ein Mädchen mit einem Plastiksack in der Hand springt heraus, reißt eine Tür von Friedls Auto auf und kauert sich auf den Rücksitz. So spannend erzählt Josef Friedl sein erstes Treffen mit Arigona Zogaj, die nach fast zwei Wochen in der Nacht auf Montag im Pfarrhaus von Ungenach, einer 1.300 Einwohner-Gemeinde in Oberösterreich, endet.

Flucht
"Keine 24 Stunden war Arigona auf ihrer Flucht an ein und demselben Ort", weiß Pfarrer Josef Friedl nach Gesprächen mit der 15-Jährigen. Seit Montag, 3.15 Uhr, sitzt Arigona in der Obhut des Pfarrers von Ungenach. Friedl, seit 30 Jahren in der Gemeinde und in Flüchtlingsfragen engagiert, wurde nach seiner Rede bei der Demonstration für Arigona in Frankenburg am Samstag gebeten, ob er eine Brücke zu dem verschwundenen Mädchen schlagen könnte. "Jemand aus Wien hat mich dann angerufen", gibt sich der Pfarrer geheimnisvoll.

Lesen Sie hier: Pfarrer kümmert sich um Arigona

Angst
Angst vor der Polizei und große Sorge um ihre Familie bestimmten die letzten beiden Wochen von Arigona. Am 26. September hatte ihre Flucht begonnen. Während ihr Vater und vier Geschwister bereits auf dem Weg in den Kosovo waren, verbrachte sie die erste Nacht bei einer Freundin, dann begann die Odysee. Körperlich gehe es Arigona gut, psychisch sei sie Schwankungen unterworfen, so Friedl. Selbstmordgefährdet sei sie aber nicht. Sie schläft jeden Tag bis 11 Uhr, abends schaut sie fern. Arigonas größte Sehnsucht sei jene, ihre beiden jüngeren Geschwister endlich wieder zu sehen. „Arigona will ein normales Leben führen“, erklärte der Pfarrer. Sie wünsche sich nichts mehr als in die Schule zu gehen.

Gespräch
"Arigonas größte Angst ist die Abschiebung", betont Friedl. Die brauche sie vorerst nicht zu fürchten, das sei ihm von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer versichert worden. Hintergrund: Friedl ist seit Jahren mit Pühringer gut bekannt, die beiden kennen einander seit Schultagen. Pühringer kam extra für ein halbstündiges Gespräch mit Arigona Dienstagabend nach Ungenach. Eine Rückkehr der beiden kleinen Geschwistern Albin und Albona konnte er ihr jedoch nicht in Aussicht stellen. Ein Leben mit ihrer ganzen Familie in Österreich – Arigonas Kampf geht weiter.

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BZÖ schimpft die Kirche
Der Orange Generalsekretär Gerald Grosz appelliert an die Kirche, nicht die Gesetze infrage zu stellen. Er befand, dass "vereinzelte Äußerungen von Bischöfen der katholischen und protestantischen Kirche dem säkularisierten Staatssystem schaden" würden.

BZÖ-Justizsprecherin Helene Partik-Pable schlug vor, dass der Vater Zogaj aus dem Ausland einen Antrag auf Einwanderung stellen solle: "Das kann er ja, dann kann er ja die Familie mitnehmen." Damit wäre das Problem der gesamten Familie gelöst und das rechtsstaatliche Prinzip gewahrt.

FPÖ ortet NGO-Industrie
Laut FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache versucht offenbar eine "NGO-Industrie", "mit allerlei Tricks und Kniffen" Asylverfahren jahrelang zu verschleppen. Wer falsche Angaben mache und so sein Verfahren verzögere, werde durch ein Bleiberecht quasi belohnt. Das führe den Rechtsstaat ad absurdum, meint Strache.

Erpressungsdebatte
Pfarrer Josef Friedl sagte am Mittwochabend, dass das Mädchen "niemanden erpressen" wollte. Sie wolle nur mit ihrer Familie zusammen sein und hier bleiben. ÖVP-Innenminister Günther Platter hatte der 15-Jährigen nach ihrer Selbstmorddrohung vorgeworfen, den Staat erpressen zu wollen. Dass ihm selbst eine Haftstrafe wegen Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt drohen könne, schreckt den Geistlichen nicht.

Justizministerin: "keine Erpressung"
Die Selbstmorddrohung der Kosovarin ist auch laut Justizministerium keine Erpressung. Es gebe ja keinen Bereicherungsvorsatz, es sei nicht um Geld gegangen. Erpressung sei das "falsche Wort", aber auch "Nötigung trifft nicht zu", betonte ein Sprecher des Ressorts.

Grüne sehen auch keine Erpressung
Die Grünen werfen Platter mittlerweile üble Nachrede vor, Arigona habe den Innenminister nicht erpresst. Vielmehr habe er sich durch diese Behauptung möglicherweise der üblen Nachrede schuldig gemacht. Mehr zu den grünen Argumenten lesen Sie hier .

Kanzler äußert sich zum Fall Arigona
SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat sich Mittwochabend nach anfänglicher Zurückhaltung doch zu Wort gemeldet. In der "ZiB 1" befand er es neuerlich als "grauslich", wenn Kinder abgeschoben und Familien zerrissen werden. Das sei nicht notwendig. Trotz des gemeinsamen Vorgehens von SPÖ und ÖVP bei der Nationalratssondersitzung plädierte Gusenbauer wieder für die Gewährung eines humanitären Bleiberechts im Fall Zogaj. Die ÖVP lehnt das ab.

Bleiberecht aus menschlichen Gründen
Er glaube, dass ein Bleiberecht aus "menschlichen Gründen" möglich sei, denn "Gesetzestreue und Menschlichkeit widersprechen sich nicht", so Gusenbauer in Richtung Platter, der seine harte Linie mit der Einhaltung von Gesetzen argumentiert. Gusenbauer sprach sich für die "richtige Mischung" aus: Schutzbedürftige sollen Schutz bekommen, Zuwanderer solle sich das Land hingegen selbst aussuchen. In Einzelfällen könne man aber menschlich vorgehen, auch wenn kein Asylrecht bestehe.

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Die Ortseinfahrt

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Dechant Josef Friedl

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Das Pfarramt

Das Pfarramt

Dechant Josef Friedl in der Pressekonferenz

Dechant Josef Friedl vor dem Pfarrhof

Dechant Josef Friedl

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