Kassenreform bleibt

Droht jetzt Krankenstands-Polizei?

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Die Reform der Sozialversicherung hat im Wesentlichen vor dem VfGH gehalten.

Wien. Der Verfassungs­gerichtshof hat in dieser Woche über zwei türkis-blaue Prestigeprojekte entschieden. Während das Überwachungspaket am Mittwoch in wesentlichen Teilen gekippt wurde, haben die Höchstrichter gestern die umstrittene Reform der Sozialversicherungen für verfassungskonform erklärt.
 
Gekippt wurden lediglich drei Bestimmungen (siehe unten), doch sowohl die Strukturreform (21 Kassen werden zu fünf) als auch die neue ­Besetzung der Gremien dürfen bleiben. Laut SPÖ, Gewerkschaft und Arbeiterkam­mer könnte das gravierende Auswirkungen auf die ver­sicherten Arbeitnehmer haben: So drohe jetzt etwa eine Art „Krankenstandspolizei“, also Verschärfungen bei Kontrollen von Patienten.
 

SPÖ fürchtet Selbstbehalte und Privatisierungen

 
Denn mit dem VfGH-Urteil ist der Weg für den Start der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), in der die neun Gebietskrankenkassen aufgehen, ab 1. Jänner 2020 frei. Dort waren in Generalversammlung und Vorstand bisher die Vertreter der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern im Verhältnis vier Fünftel zu einem Fünftel in der Überzahl (in der mit Vetorecht ausgestatteten Kontrollversammlung war es umgekehrt). In der ÖGK gibt es hingegen künftig im Verwaltungsrat Parität von je sechs Dienstnehmer- und Dienstgebervertretern.
 
Das heißt: Der kürzlich von der Wirtschaft gefasste Plan, Verschärfungen bei Krankenständen zu beschließen, könnte also durchgehen. Unternehmer sollen demnach das Recht bekommen, eine Überprüfung des Krankenstandes anzuordnen – bisher können sie das lediglich anregen. Die schwarzen Arbeitnehmervertreter vom ÖAAB haben bereits erklärt, nicht zustimmen zu wollen, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hält das aber nicht für glaubwürdig. Ihr zufolge drohen nicht nur beim Krankenstand, sondern auch in anderen Bereichen Verschärfungen. Diesbezüglich verwies Rendi auf einen „Wunschkatalog“ der Wirtschaftskammer, wonach etwa medizinische Einrichtungen privatisiert und Selbstbehalte eingeführt werden sollen.
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