Der frühere Vize-Konsul an der Botschaft in Budapest hat Amtsmissbrauch und Bandenbildung zugegeben.
Seine bisher leugnende Verantwortung sei "Unsinn" gewesen, sagte der 44-Jährige, der sich nunmehr des Amtsmissbrauchs, der Bandenbildung sowie der kriminellen Vereinigung schuldig bekannte.
"Offenes Geheimnis"
Er räumte nicht nur ein, gegen
Bezahlung zahllose getürkte Visa-Anträge wissentlich unrechtmäßigerweise
bewilligt zu haben. Darüber hinaus betonte der ehemalige
Außenamtsmitarbeiter, die rechtswidrigen Vorgänge wären an seinem
Arbeitsplatz mehr als ein "offenes Geheimnis" gewesen: "Das
habe nicht nur ich in den Fingern gehabt! Das hat jeder gesehen! Ich gehe
davon aus, dass jeder an der Botschaft gewusst hat, dass das illegal war!"
Außenministerium unter Druck
Der 44-Jährige brachte mit
seiner heutigen Aussage auch das Außenministerium gehörig unter Druck:
Demnach ging in Budapest, wo er seit 1989 als Vize-Konsul beschäftigt war,
so lange alles mit rechten Dingen zu, bis im Jänner 2001 der Belgrader
Generalkonsul in die ungarische Metropole versetzt wurde. Dem Mann sei der
Ruf vorausgeeilt, in Serbien schwunghaft mit Schengen-Visa gehandelt zu
haben. Ein Belgrader Mitarbeiter habe ihn sogar telefonisch vor dem neuen
Behördenleiter gewarnt, berichtete der Vize-Konsul: Einladungen einer
gewissen Firma, auf die sich von diesem genehmigte Visa-Anträge stützten,
wären inhaltlich unrichtig.
Der im Sommer 2007 unerwartet verstorbenen Generalkonsul gilt als zentrale Gestalt der Visa-Affäre. "Auch das Außenministerium hat meines Wissens davon gewusst", so der Angeklagte. Dennoch sei der Generalkonsul für zwei Jahre - danach stand seine Pensionierung an - in die bis dahin "saubere" Botschaft in Budapest versetzt worden.
Dienstbetrieb umgestellt
Dort habe er bereits nach zwei Wochen "den
Dienstbetrieb umgestellt, wie er ihn in Belgrad gewohnt war", so sein
vormaliger Untergebener. Die Schalteröffnungszeiten wurden reduziert,
persönliche Anhörungen von Visa-Werbern waren nicht mehr vorgesehen, wobei
letzteres in Folge einer massiven Personalreduktion ohnehin nicht mehr zu
bewältigen gewesen wäre: "Das war im Außenministerium klar,
dass damit der Dienstbetrieb und die gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr
eingehalten werden konnten."
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Angst um den Job
Ihm sei völlig klar gewesen, dass er sich "an
einem glatten Rechtsbruch" beteiligte, gab der Vize-Konsul zu: "Ich
hätte die Sache nach Wien melden sollen." Aber der Generalkonsul
habe ihm beschieden: "Das geht dich nichts an! Das ist meine
Angelegenheit! Entweder du machst es so, oder du bist weg!" Sein
Vorgesetzter sei bekannt dafür gewesen, nicht kooperative Mitarbeiter zu entfernen.
Erpressung mit unehelichem Kind
Vor allem aber habe ihn der
Generalkonsul mit seinem unehelichen Kind in der Hand gehabt, verriet der
gefeuerte Diplomat, der nicht nur Familienvater zweier Kinder ist, sondern
einer außerehelichen Liebschaft weiteren Nachwuchs verdankt. Dieses Kind ist
mittlerweile neun Jahre alt. Der Generalkonsul habe ihm gedroht, er werde
seiner Frau davon berichten, so der Vize-Konsul.
Außenamt dementiert
Das Außenministerium hat die Aussagen
des früheren Vize-Konsuls "auf das Schärfste" zurückgewiesen. Die
Darstellung der zeitlichen Abfolge der Ereignisse entspreche "in keinster
Weise den Tatsachen". "Sofort nach Bekanntwerden konkreter Verdachtsmomente
wurden die Untersuchungen sowohl seitens des Außenministeriums als auch der
Anklagebehörde eingeleitet."