Politkrieg

Geplant: Neues ORF-Volksbegehren

Teilen

Abgang von ORF-Radiodirektor Willy Mitsche lässt Krieg um ORF heiß werden.

Der Politkrieg im ORF tobt schlimmer als je zuvor. Konservative wie der frühere Licht-Ins-Dunkel-Chef und ÖVP-Stiftungsrat Kurt Bergmann fordern ganz offen ein ORF-Volksbegehren. Ein solches wird auch an der ÖVP-Spitze schon angedacht wie ein hoher VP-Landespolitiker ÖSTERREICH verriet: „Dann werden halt Mitte-Rechts-Kreise aktiv werden.“ Doch auch von Links gibt es Unbehagen: ORF-Donnerstalker Alfred Dorfer nennt den Parteieneinfluss ein „Krebsgeschwür“ und fordert: „Weg mit den Polit-Lakaien.“

  • Montagabend gab ORF-Radiodirektor Willy Mitsche seinen Rücktritt bekannt – aus gesundheitlichen Gründen. Was nachvollziehbar ist. Trotzdem hat der Abgang just in dieser Woche massive politische Konsequenzen.
  • Letzte Chance für SPÖ. ORF-General Alexander Wrabetz schrieb den Posten aus. Als letzten Akt der SPÖ-Machtausübung können die roten Stiftungsräte jetzt am 9. September einen genehmen Direktor bestellen. Wäre Mitsche einen Tag später gegangen – der Stiftungsrat hätte erst im November entscheiden können. Doch mit der steirischen Wahl fällt dort wohl die SPÖ-Mehrheit.
  • Amon Top-Favorit. Neuer Radio-Direktor soll TV-Chefredakteur Karl Amon werden, auch wenn der noch offen lässt, ob er sich bewirbt. Kein erklärter Roter – aber bei der SPÖ gut gelitten. Was ihn nach ÖVP-Logik suspekt macht. Und die Schwarzen toben auch, weil dem Amon-Wechsel ein Domino bei ORF-Top-Jobs folgt.
  • Chefredakteurs-Domino. Konkret müssen der TV- und der Radio-Chefredakteur besetzt werden. Topfavorit für beide Posten: ZIB2-Infochef Stefan Ströbitzer. Der ist ein Bürgerlicher – ÖVP-ler sehen ihn aber „zu nahe an SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer“. Auch TV-Chronikchefin Brigitte Handlos wird gehandelt – für Schwarze ebenfalls ein rotes Tuch. Weitere Kandidaten: TV-Innenpolitiker Hans Bürger und Ö1-Ipo-Chef Hannes Aigelsreiter.
  • „Roter Masterplan.“ Die ÖVP wittert einen „roten Masterplan“. Sogar ÖVP-General Kaltenegger rückte gestern aus, um den „hemmungslosen roten Postenschacher“ anzuprangern: Wrabetz solle den Radio-Direktor selbst übernehmen – Mitte 2011 werde ohnehin eine neue ORF-Chefetage gewählt. Konter des Chefs der SPÖ-Stiftungsräte, Niko Pelinka: „Auf einen Rücktritt aus Gesundheitsgründen so zu reagieren, ist höchst unanständig.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur geplanten Rochade im ORF-Direktorium?
Kurt Bergmann: Zu konkreten Personen sage ich natürlich nichts, aber: Es ist doch klar, dass dies eine Folge des bestehenden ORF-Gesetzes ist. Wenn man den Parteien die Möglichkeit gibt, derart in den Rundfunk hineinzuregieren – na dann geschieht das natürlich.
ÖSTERREICH: Das heißt, das ORF-Gesetz muss geändert werden?
Bergmann: Ja, so ist es. Wir brauchen endlich ein Rundfunkgesetz, das den ORF entparteipolitisiert.
ÖSTERREICH: Aber dies werden ja nicht die Parteien selbst beschließen. Braucht es ein Rundfunk-Volksbegehren wie in den 1960er-Jahren?
Bergmann: Ja, da wäre ich dafür und würde es auch unterstützen. Leider ist das Problembewusstsein in der Gesellschaft noch nicht sehr ausgeprägt.
ÖSTERREICH: Wer sollte denn ein solches Volksbegehren tragen? Sie als erklärter Konservativer?
Bergmann: Nein, ich bin ein alter Mann und genieße meine Pension. Es sollte von den NGOs ausgehen – von Amnesty oder so. Ich wundere mich überhaupt, dass die vielen Kulturschaffenden in Österreich zusehen, wie die größte kulturelle Visitenkarte des Landes ruiniert wird.
(gü)

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.