Buwog-Anklage

Grasser geht in die Offensive

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Die Anklage ist fertig. Bis zum Prozess dauert es aber noch. Grasser legt Einspruch ein.

Es ist ein eindrucksvoller Krimi, den der Staatsanwalt auf 825 Seiten ausgebreitet hat: die Anklageschrift gegen Karl-Heinz Grasser und 15 weitere Beschuldigte. „Gut geschrieben“, muss selbst Karl-Heinz Grasser im ÖSTERREICH-Gespräch zugeben, „aber halt alles nicht wahr.“

Ein "Tatplan", um die 
Republik auszuplündern

Untreue, Bestechung und Beweismittelfälschung werden Grasser vorgeworfen. Er hätte, als er 2000 Finanzminister wurde, gemeinsam mit seinem Freund Walter Meischberger, dem Lobbyisten Peter Hochegger und dem Immobilien-Händler Ernst Karl Plech den „Tatplan“ ausgeheckt, die Republik auszuplündern. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Bericht der Staatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart ist das Ergebnis der Auswertung von 156 Terabyte Datenmaterial, 700 Einvernahmen und über 600 Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen oder Telefonüberwachungen. Sieben Jahre haben die Untersuchungen zur Buwog-Affäre und anderen angeblichen Verbrechen gedauert.

Der Prozess, der jetzt endgültig Klarheit bringen soll, wird das Verfahren wohl auf über zehn Jahre ausdehnen. 166 Zeugen will allein die Staatsanwaltschaft aufrufen. Und Grasser, seit sieben Jahren praktisch ohne Einkommen, will sich jetzt zur Wehr setzen. Er hat gegen die Anklage Einspruch eingelegt. Seiner Meinung nach hätte der Weisungsrat, der die Anklage freigegeben hat, die 825 Seiten nicht ordentlich überprüft und offensichtliche Fehler und Manipulationen der Staatsanwaltschaft übersehen.

„Seit der Anklage sehe ich mich nicht mehr als Opfer“, sagt er zu ÖSTERREICH: „Ich muss jetzt zum Akteur werden.“ Wie sich Grasser verteidigt, lesen Sie morgen im großen Sonntags-Interview, aus dem wir bereits heute einen kleinen Auszug bringen.

K.H. Grasser: "Ich will kein Opfer mehr sein"

ÖSTERREICH: Wie war Ihre erste Reaktion auf die Anklage?

Karl-Heinz Grasser:
Ich war sehr enttäuscht, denn ich habe bis zuletzt mit einer Einstellung gerechnet. Der Staatsanwalt hat mich sieben Jahre verfolgt, es wurden 700 Einvernahmen und 600 Hausdurchsuchungen gemacht und weiß Gott wie viele Terabyte-Daten zusammengetragen – und jetzt lese ich die Anklage und sehe, dass ein Kriminalroman daraus geworden ist, der mit der Wahrheit nichts zu tun hat. Der Staatsanwalt geht einer Fantasie nach, die er über sieben Jahre entwickelt hat. Eine Anklage, die keinen Zeugen hat, der sie stützen könnte, und keinen Beweis.

ÖSTERREICH: Es liest sich aber recht eindrucksvoll, viele Indizien scheinen schlüssig. Wie erklären Sie einem Außenstehenden, dass nichts dran ist?

Grasser: Die Frage habe ich mir auch gestellt. Wenn man das so liest und dran glauben will, kann man es durchaus glauben. Es ist keine schlechte Geschichte, die der Staatsanwalt da schreibt. Aber sie stimmt nicht. Meine Hoffnung, dass es zu dieser Anklage nicht kommt, stützte sich auf den Weisungsrat. Ich dachte, dass dieses Gremium die Anklage tatsächlich prüft und die Fehler und falschen Vorwürfe bemerkt. Das ist nicht geschehen.

ÖSTERREICH:
Wie haben Sie die vergangenen sieben Jahre verändert.

Grasser: Spätestens mit der Anklage habe ich beschlossen: Ich bin kein Opfer, sondern ich muss Akteur werden und um Gerechtigkeit für mich kämpfen.

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