Schlag gegen Neo-Nazis

Hausdurchsuchung bei Gottfried Küssel

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Die Polizei fand Gewehre, Kalaschnikows, Muni­tion und NS-Devotionalien.

Seit Monaten ermittelt das BVT – Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung – gegen die Neonazi-Szene, deren Homepage „Alpen-Donau.info“ und die nicht öffentliche Forum-Seite alinfodo.com. Die Kameraden haben angeblich Drohungen und Verhetzungen gegen Minderheiten, Künstler und Politiker veröffentlicht. Zudem fanden angeblich Rekrutierungen von Jugendlichen und einschlägige Treffen statt. Bislang versteckten sich die Neonazis hinter den US-Servern der Seite – Dreamhost.com.

Verbotene Schusswaffen und NS-Devotionalien
Am Samstag, dem 30. Oktober 2010, fand die größte Polizei-Aktion gegen die hiesige Neonazi-Szene seit den 90er-Jahren statt: Wie von ÖSTERREICH berichtet, ging es um 18 Hausdurchsuchungen bei Neonazis und Ex-„Führungsoffizieren“ der VAPO – Volkstreue Außerparlamentarische Opposition (siehe unten).

ÖSTERREICH liegen die Details vor:
.) 16 der insgesamt 18 angeordneten Hausdurchsuchungen konnten durchgeführt werden. Zwei Wohnungsadressen waren „Scheinadressen“, diese Durchsuchungen mussten abgebrochen werden.
.) Die Hausdurchsuchungen fanden in Wien (7 Wohnungen), Niederösterreich (2), Steiermark (3), Kärnten (2) und Tirol (2) statt.
.) Bei zwei Hausdurchsuchungen, darunter bei einer in Wien, kam es zur „Wohnungsöffnung durch die Sondereinheit Cobra“.
.) Bei den 16 Zugriffen wurden Computer, Laptops, Speicherkarten, Mobiltelefone, Gewehre, verbotene militärische Schusswaffen (Kalaschnikows), Muni­tion, Messer und Schlagringe sowie NS-Devotionalien sichergestellt.

Die Justiz prüft nun die Daten der Computer. Aus Rücksicht auf den Datenschutz veröffentlichen wir nicht alle Namen. Von öffentlichem Interesse ist aber, dass eine der Hausdurchsuchungen, die am 30. Oktober stattgefunden hat, Gottfried Küssel betraf. Gegen den 53-Jährigen ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien bereits in einem anderen Zusammenhang nach dem NS-Verbotsgesetz und Körperverletzungsdelikten. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Österreicher als „Führer“ der deutschen Szene
In seinem Umfeld befindet sich auch nach wie vor ein führender Ex-Kamerad aus Vapo-Zeiten. Dieser hat seinen Hauptwohnsitz nach Deutschland verlegt. Beide Herren gelten als „Führungspersönlichkeiten“ der österreichischen und deutschen „Szene“.

Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt gegen einen weiteren „Prominenten“ der Szene: Franz Radl. Gegen ihn laufen Ermittlungen nach dem NS-Verbotsgesetz. Es gilt die Unschuldsvermutung. Ebenfalls im Visier der Staatsanwaltschaft und des Verfassungsschutzes steht mindestens ein ehemaliger Mitarbeiter von FP-Nationalratspräsident Martin Graf. Im Umfeld von Absolventen der Militärakademie Wr. Neustadt soll sich das Zentrum dieser Neonazi-Szene befinden.

Auch „Wehrsportübungen“ und „Nachwuchsausbildung“ sollen in Niederösterreich stattfinden. In Ermittlerkreisen geht man davon aus, dass die Materialien, die bei den 16 Hausdurchsuchungen gefunden wurden, „teilweise für Anklageerhebungen“ wegen „unerlaubten Waffenbesitzes und nach dem NS-Verbotsgesetz ausreichend“ seien. Fraglich bleibt, ob man den „Kameraden“ nachweisen kann, dass sie im Zusammenhang mit der Alpen-Donau.info stehen. Es gilt die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten.

 

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