Neue Schulen

Kanzler geht in Bildungs-Offensive

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Der Schulstreit eskaliert: Ende der Woche streiken mit Wohlwollen der ÖVP die Lehrer. Doch der Kanzler setzt der ÖVP jetzt das Messer an.

Die Fronten sind verhärteter denn je. Auf der einen Seite die SPÖ, die auf die Durchsetzung der im Koalitionspakt vereinbarten Modellregionen für die "Neue Schule" setzt. Und auf der anderen Seite die ÖVP, die sich nicht nur mit ihrem Perspektivenpapier auf ein Nein zur Gesamtschule einbetoniert: Mit stillschweigender Unterstützung der Parteiführung treten AHS- und BHS-Lehrer Ende der Woche de facto für zwei Stunden in Streik. Weil der Ausstand nicht einheitlich organisiert wird, droht ein Schulchaos

Kanzler spricht Klartext
Kanzler Gusenbauer, der sich sonst aus dem Koalitionsstreit peinlich heraushält, wurde gestern in seiner Rede zum Jahrestag des SPÖ-Wahlsieges deutlich: „All jene die sich in ideologischen Gräben verschanzen“, sagte er in Richtung der ÖVP und der Lehrer, "lade ich ein: Die Zeit des Ideologisierens und des Theoretisierens ist vorbei." Bis 2010 müsse die von Bildungsministerin Claudia Schmied geplante "Neue Schul" in Modellregionen getestet werden. "Und dann muss die Entscheidung fallen, wohin die Schule geht“, setzte Gusenbauer der ÖVP das Messer für 2010 an.

Aus für Halbtagsschule
Nächste Ansage: Auch die "Exklusivstellung" Österreichs als eines der letzten Länder Europas mit Halbtagsschule werde aufgelöst. "Das wird der Vergangenheit angehören", sagte der Kanzler und sprach sich für mehr Ganztagsschulen aus.

Rote Tücher
Alles Dinge, die für den Koalitionspartner rote Tücher sind: Die ÖVP grub sich nicht nur mit einem Vorstandsbeschluss gegen die Gesamtschulpläne Schmieds ein. Selbst im Perspektiven-Papier von ÖVP-Reformer Josef Pröll findet sich eine klare Absage zur gemeinsamen Schule: Wörtlich ist da von einer „Verbesserung und dem Erhalt“ der Gymnasien die Rede. Gleich­zeitig sollen die Hauptschulen als "berufsbildende und lehrberufsausbildende Mittelstufe“ – immerhin "mit absoluter Durchlässigkeit" - "gestärkt" werden. Gleichzeitig mobilisieren die Lehrer in den Schulen gegen Schmieds Modellregionen – mit stillem Wohlwollen der ÖVP. So wird AHS-Gewerkschafterin Eva Scholik bei der ÖVP-Klubklasur am kommenden Freitag auftreten und bei einer Diskussion mit ÖVP-Schulsprecher Fritz Neugebauer am Podium sitzen - just am Tag, an dem die Lehrer gegen die neue Mittelschule streiten.

Neue Schule per Gesetz
Unterrichtsministerin Clau­dia Schmied will trotzdem die Modellregionen durchsetzen – bis Jahresende soll das Gesetz beschlossen werden, das von den schwarzen Gewerkschaftern so heftig bekämpft wird.

Der Knackpunkt: Schmied will den Schülern, die sich für die Neue Schule entschieden haben, die Sicherheit geben, dass sie ihren Bildungsweg in dieser Schulform auch abschließen können - und der Versuch nicht plötzlich abgebrochen wird.

Showdown am 11. Oktober
Im Gegensatz dazu will die ÖVP das Schicksal der Schulversuche vom Placet der Schulpartner – also Lehrer, Schüler und Eltern – abhängig machen. Zum Showdown soll es am 11. Oktober bei einem Schulgipfel zwischen Schmied, ÖVP-Minister Johannes Hahn und Neugebauer kommen. Schmied will das Gesetz bis Jahresende beschließen lassen, beginnen doch im Februar 2008 die Schuleinschreibungen.

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