Ex-Kanzler im Interview

Kern: "Mein neues Leben in Israel"

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Seit wenigen Tagen ist Christian Kern Dritteleigentümer der Blue Minds Gruppe in Israel. 

Wien. „Es ist ein spannender Seitenwechsel“, der ihm auch „Freude“ bereite, erzählt Christian Kern im ÖSTERREICH-Interview über sein neues Leben als Unternehmer. Wie berichtete, ist der Ex-SPÖ-Kanzler vergangene Woche als Dritteleigentümer in die Firma seiner Frau, Eveline Steinberger-Kern – mit Sitz in Wien und Tel Aviv – eingestiegen.

Kern: "Das Lobbyisten-Geschäft ist nichts für mich"

Der einstige SPÖ-Vorsitzende ist künftig im Technologie- und Energiebereich ­tätig. Die Kerns wollen sich aber auch an Cybersecurity-Firmen beteiligen und „Joint Venture Partner“ für andere neue Start-ups werden.

Politik-Aus. Im Unterschied zu manch anderem Ex-Kanzler will Kern „keine Politikberatung machen. Das Lobbyisten-Geschäft ist nichts für mich“. Er werde jetzt rund 60 Prozent seiner Zeit „in Israel verbringen“. Und dort vielleicht die Politik-Blessuren hinter sich lassen.

Damit verabschiedet sich eine spannende Persönlichkeit vom Politik-Parkett. Ein Comeback ist wohl ausgeschlossen. Und die Karriere von Kern ist um eine Facette erweitert: Als ÖBB-Chef wurde er gefeiert, der Quereinstieg als Faymann-Nachfolger und Bundeskanzler wurde zum Flop. Doch auch seine Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner kämpft mit parteiinternen Intrigen und Kanzler-Star Sebastian Kurz. Darüber will Kern nicht mehr sprechen. Dieses Kapitel ist abgeschlossen.

Christian Kern: "Ich werde viel in Israel arbeiten"

ÖSTERREICH: Sie sind in das Unternehmen Ihrer Frau eingestiegen. Ist die Technologiewelt nicht sehr anders als die Politik?

Christian Kern: Wir befinden uns gerade in einem unglaublichen Veränderungsprozess. Wie Sie wissen, hatte ich mich bereits in meiner Zeit als Regierungschef sehr darum bemüht, Konzepte für diese Veränderung zu finden. Wir haben Innovation gefördert – etwa mit der Er­höhung der Forschungsprämie – um Rahmenbedingungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu sichern. Ich war am Freitag etwa mit der faszinierenden Ökonomin Mariana Mazzucato essen, wo wir uns über die Zukunft des Kapitalismus, die Veränderungsprozessen und Populismus unterhalten haben. Jetzt will ich konkret in der Unternehmerwelt selbst verantwortungsvoll Neues und auch Arbeitsplätze schaffen. Das ist ein spannender Seitenwechsel.

ÖSTERREICH: Wo wird Ihr Arbeitsschwerpunkt sein?

Kern: Unsere Schwerpunkte werden Wien, Deutschland und Israel sein. Teilweise geht es aber über den europäischen Raum hinaus. Mit unserer Blue Minds Gruppe und FSIGHT werden wir aber auch andere Beteiligungen anstreben – etwa im Bereich Cyber­security, aber auch an klassischen Stromerzeugern.

ÖSTERREICH: Wo werden Sie die meiste Zeit verbringen?

Kern: Ich werde wohl 60 Prozent der Zeit in Israel sein, 40 Prozent der Zeit in Wien und anderen Ländern.

ÖSTERREICH: Was konkret machen Sie mit Ihrer ­Firma?

Kern: Wir entwickeln Businessmodelle für digitale Transformation im Bereich der Energiesysteme. Es geht um eine Energiewende und eine auf Blockchain basierende Technologie. Aber wir werden auch Joint-Venture-Partner nach Vorbild USA – also dem Silicon Valley – und eben Israel – ein Innovation Hub – für den mittel- und osteuropäischen Markt. Wir führen aber durchaus auch Gespräche in Asien. Das geht jetzt Schritt für Schritt.

ÖSTERREICH: Nützt Ihnen da Ihre Zeit in der Politik?

Kern: Ich habe viele Vorschläge mit Vorträgen aufzutreten. Aber Politikberatung möchte ich persönlich nicht machen. Ich ­hatte immer das Motto, dass man nicht auf derselben Leiter zwei Schritte nach unten machen sollte. Das Politberatungsgeschäft überlasse ich da lieber anderen ehemaligen Politikern. Das Lobbyisten-Geschäft ist nichts für mich. Ich bleibe ein politischer Mensch, aber ich möchte jetzt etwas Eigenes ­machen.

ÖSTERREICH: Sie wirken befreit. Wie gefällt Ihnen die Tech-Welt?

Kern: Es sollte einem ­Freude bereiten, wenn man etwas Neues macht. Uns macht es Freude. Wenn wir dann auch noch wachsen und erfolgreich sind, ­würde uns das natürlich auch freuen.

Isabelle Daniel

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