Nichtraucher-Begehren

Kickl: 'Müssen auf Volk hören'

Teilen

Heftige Debatte um Rauchverbot: ÖVP-Landesfürsten gegen Regierungsplan. Jetzt spricht auch der Innenminister

Der Ansturm ist überwältigend: Mehr als 365.000 Menschen haben das „Don’t Smoke“-Volksbegehren gegen die Abschaffung des Rauchverbots in der der Gastronomie innerhalb von nur neun Tagen bereits unterschrieben. In einer ÖSTERREICH-Umfrage gaben 51 Prozent an, unterschreiben zu wollen. Am Ende könnten es 1,5 bis 2 Millionen Unterstützer sein. Den bisherigen Rekord hält das Begehren zum Konferenzzentrum 1982 mit 1,3 Millionen.

Nicht nur Prominente, wie Erika Pluhar, Josef Hader oder Ex-Bundespräsident Heinz Fischer, unterstützen das Begehren für den Nichtraucherschutz. Auch ÖVP-­Politiker kritisieren offen den Plan der Regierung, das ab 1. Mai in Kraft tretende abso­lute Rauchverbot in Kneipen und Restaurants zu kippen.

Landesfürsten gegen Regierungsplan

Tirols am­tierender Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) spricht sich für eine Volksabstimmung zum Rauchverbot aus. „Es soll darüber eine Volksabstimmung geben“, sagte Platter im Interview mit oe24.TV. Zuletzt bekannte sich auch Niederösterreichs Altlandeshaupt­mann Erwin Pröll in einer Zeitung dazu, das Volksbegehren unterschrieben zu haben. „Das Aufheben des Rauchverbots ist ein Rückschritt und nicht sinnvoll“, so Pröll.

Kanzler Sebastian Kurz: "Mir sind die Hände gebunden"

Bundeskanzler Sebastian Kurz sympathisiert zwar mit dem Volksbegehren, ihm seien aber wegen des Koalitionsabkommens mit der FPÖ die Hände gebunden, erklärte er der Kleinen Zeitung. Die Beibehaltung der aktuellen Regelung sei Koalitionsbedingung der FPÖ gewesen, so Kurz.

ÖVP und FPÖ haben sich im Regierungsabkommen darauf verständigt, die derzeitige Übergangsregelung mit abgetrennten Raucher- und Nichtraucherbereichen in Lokalen zur Dauerlösung zu machen. Vizekanzler und FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache möchte daran festhalten.

Umsetzen

Als Regierungspartner halte er sich an den Koalitionsvertrag und setze „die dort vereinbarten inhaltlichen Positionen um“, so Strache in einem Beitrag auf Facebook. Eine bindende Volksabstimmung, die das wieder kippen könnte, sei erst ab 2021 möglich. Strache schlug vor, die Rauchverbotsfrage mit anderen Themen zu verbinden.

Aus Regierungskreisen wurde ÖSTERREICH bestätigt, dass trotz Widerstand demnächst in jedem Fall ein Initiativantrag für ein Gesetz eingebracht werden soll, dass das Rauchverbot kippt.

Kickl
© Wolfgang Wolak

Innenminister Kickl im Gespräch mit ÖSTERREICH-Redakteur Günther Schröder.

Kickl im ÖSTERREICH-Interview: "Müssen auf Volk hören"

ÖSTERREICH: Sie haben sich für die Online-Pannen bei den Volksbegehren entschuldigt. War Ihnen das eigentlich peinlich?

Herbert Kickl: Ich habe mich entschuldigt, weil die sichere Durchführung von direkten demokratischen Begehren ­eine Kernaufgabe des Innenministeriums ist. Da geht es nicht um peinlich oder nicht. Ich habe Verständnis, wenn sich Menschen ärgern, weil sie ihre Unterstützung einbringen wollten – und das nicht möglich war.

ÖSTERREICH: Haben Sie den Ansturm der Rauchverbot-Fans unterschätzt? Das frage ich jetzt den FPÖ-Politiker.

Kickl: Ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass all jene Lügen gestraft werden, die gesagt ­haben, wenn man die direkte Demokratie einführt, wird sich keiner beteiligen.

ÖSTERREICH: Sind Sie auch der Meinung Ihres Parteichefs, eine Volksabstimmung über das Rauchverbot könne es erst ab 2021 geben, wenn das Demokratie-Paket kommt? Die FPÖ war doch immer für Volksabstimmungen.

Kickl: Ein Schritt nach dem andern. Zunächst einmal ist es notwendig, dass dieses Volksbegehren eingeleitet wird. Dann folgt die Eintragungswoche, am Ende werden wir sehen, wie viele Unterschriften es gibt. Es ist für mich keine Frage, dass die Regierung den Willen der Bevölkerung zu berücksichtigen hat. Wenn wir das Ergebnis haben, werden wir diese ­Debatte führen.

ÖSTERREICH: Wenn das Volksbegehren erfolgreich ist, sind Sie für eine Volksabstimmung?

Kickl: Das ist jetzt Spekulation. Aber ja, ich bin ein Freund der direkten Demokratie.

ÖSTERREICH: Können Sie sich vorstellen, auch über die ORF-Gebühren abzustimmen? Etwa im Paket mit dem Rauchen?

Kickl: Prinzipiell ist das auch eine Möglichkeit, ja, selbstverständlich. Es gibt viele interessante Themen.

ÖSTERREICH: Sie planen eine berittene Polizei in Wien. Was können Reiter, was andere Polizisten nicht können?

Kickl: Es ist doch etwas ganz was anderes, wenn auf der ­Donauinsel jemand mit einem Polizeiwagen vorbeifährt, Scheiben oben. Oder Sie haben dort jemanden, der mit einem Pferd unterwegs ist. Ich war in München beeindruckt, wie schnell man so mit den Menschen ins Gespräch kommt. Wir erarbeiten jetzt ein Konzept. Wenn ein Ergebnis vorliegt, wird es einen Probebetrieb geben. Wenn sich auch der Probebetrieb bewährt, dann wird man so etwas einführen.

ÖSTERREICH: Kritiker werden sagen, Sie wollen die Pferde gegen Demonstranten einsetzen.

Kickl: Absoluter Unfug. Es ist nicht daran gedacht, Pferde bei Demonstrationen einzusetzen. Da werden sich einige von ihren Vorurteilen verabschieden müssen.

ÖSTERREICH: Wie sehen Sie den Start der FPÖ in der Regierung? Das gab doch Probleme, Stichwort: Burschenschafter.

Kickl: Ich würde sagen, dass die Melodie, die wir spielen, eine sehr schöne und gelungene Komposition darstellt. Dass es aber vielleicht das eine oder andere Nebengeräusch gibt, das ich mir gerne erspart hätte. Günther Schröder

Thomas Szekeres
© TZOe Juvan Norbert

Ärzte-Chef Thomas Szekeres

Ärzte-Chef: "Jeder Abgeordnete sollte überlegen, wofür er steht"

ÖSTERREICH: Haben Sie mit diesem Ansturm auf das „Don’t Smoke“-Volksbegehren gerechnet?

Thomas Szekeres: Das hat uns überrascht. Es ist ja nicht so leicht, diese Unterstützungserklärungen abzugeben. Man braucht die Handy-Signatur, eine Bürgerkarte oder muss zum Magistrat. Trotz der Serverprobleme ­haben wir das in ganz kurzer Zeit erreicht.

ÖSTERREICH: Wie zuversichtlich sind Sie, dass dieses Volksbegehren in einer Volksabstimmung mündet?

Szekeres: Wir denken, dass aufgrund dieser vehementen Meinungsäußerung der Bevölkerung, die verantwortlichen Abgeordneten ihre ursprüngliche Absicht, das Rauchverbot in der Gastronomie zurückzunehmen, noch einmal überdenken werden. Theoretisch könnte man das Ganze auch schubladisieren. Aber ich glaube, es sollte sich jeder Abgeordnete überlegen, wofür er steht.

ÖSTERREICH: Die FPÖ schließt eine Raucher-Volksabstimmung vor 2021 bisher aus.

Szekeres: Dazu muss ich einmal sagen, weil es jetzt so dargestellt wurde: Das Ganze ist nicht gegen eine Partei oder die Regierung gedacht, sondern für die Gesundheit der Menschen. Wir decken auch in der Kammer das ganze politische Spektrum ab und da stehen alle dahinter. Und vor allem die FPÖ hat sich ja zum Instrument der Volksabstimmung bekannt.

ÖSTERREICH: HC Strache hat gefordert, eine Volksabstimmung mit Themen wie den ORF-Gebühren zu verbinden. Was halten Sie davon?

Szekeres: Wenn es günstiger und leichter zu organisieren ist, dann soll es sein. Obwohl die eine Frage mit der anderen nichts zu tun hat.

ÖSTERREICH: Sie kämpfen ja selbst mit der Sucht, haben aufgehört aber wieder angefangen. Wie steht es da?

Szekeres: Ich habe weitgehend mit dem Rauchen aufgehört, greife aber vereinzelt noch zur Zigarette. Das ist aber kein Grund, mich als Heuchler zu bezeichnen. Es beweist nur, dass ich, wie viele andere, auch ein Problem mit dieser Sucht habe. (baa)

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.