Musterprozess

Klage wegen zu geringer Pension erfolgreich

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Eine Pensionistin wollte 10 Euro mehr bei der Pensionserhöhung 2008. In erster Instanz bekam sie wegen Diskriminierung von Frauen recht.

Der Linzer Rechtsanwalt Johannes Winkler hat im Namen einer Bezieherin einer Kleinstpension erfolgreich gegen die Benachteiligung durch die Pensionserhöhung 2008 geklagt. Er hatte argumentiert, dass diese eine EU-rechtwidrige indirekte Frauendiskriminierung darstelle. Das Verfahren geht jetzt in die zweite Instanz. Der Musterprozess betrifft geschätzte 500.000 Menschen.

Anpassung 08 gestaffelt
Die Pensionsanpassung 2008 sieht eine gestaffelte Erhöhung vor. Pensionen unter 747 Euro brutto erhalten um 1,7 Prozent mehr. Pensionen von 747 bis 1.050 Euro bekommen fix 21 Euro dazu - das entspricht 2,81 bis 2 Prozent. Pensionen über 1.050 bis 1.700 kriegen um 2 Prozent mehr. Bei Renten von 1.700 bis 2.161,5 Euro sinkt der Prozentsatz mit zunehmender Pensionshöhe von 2 auf 1,7 Prozent. Noch höhere Pensionen bekommen fix 36,75 Euro mehr. Auch die Ausgleichszulagenrichtsätze wurden erhöht.

Pension unterm Richtsatz
Die klagende Pensionistin gehört zur großen Gruppe von Personen, deren Pension um nur 1,7 Prozent erhöht wurde, weil ihre Pension unter 747 Euro lag, wobei jedoch zusammen mit der Pension des Ehegatten der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Paare überschritten wird. Bei ihr ist die Pension von 628,15 auf 638,83 Euro gestiegen.

Kleinstrentner benachteiligt
Das Landesgericht Linz folgte laut Winkler seiner Argumentation, dass die Benachteiligung der Bezieher von Kleinstpensionen - "offenbar aus budgetären Gründen" - eine EU-rechtswidrige indirekte Frauendiskriminierung darstelle. Entsprechend den statistischen Daten, die er dem Gericht präsentierte, würden von dieser Diskriminierung weit mehr Frauen betroffen als Männer.

Urteil bringt 10 Euro mehr
Laut Landesgerichtsurteil müsste die Klägerin seit Jahresbeginn um 21 Euro statt nur um 1,7 Prozent mehr erhalten. Dagegen legte der beklagte Sozialversicherungsträger aber Berufung ein - laut Winkler nur mit geringer Erfolgsaussicht. Als Möglichkeiten nennt er, die zweite Instanz könnte das Urteil bestätigen, den EuGH damit befassen oder das Urteil aufheben und die Klage abweisen.

Verfassungsgericht einschalten
Der Linzer Rechtsanwalt vertritt auch männliche Bezieher von Kleinstpensionen, die ebenso diskriminiert würden. Ein gerichtliches Verfahren in einem Fall sei bereits in der ersten Instanz abgeschlossen worden. Die Kanzlei bereitet derzeit eine Eingabe an die zweite Instanz vor mit dem Ziel, dass diese ein Gesetzprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof einleitet. Der Jurist rechnet als Konsequenz aus den Gerichtsverfahren damit, dass der Gesetzgeber im Zuge der nächsten Pensionserhöhung per 1. Jänner 2009 die vorhergehende "repariert".

Winkler ist Pensionsrechtsexperte. Er hat unter anderem im Jahr 2000 eine Entscheidung des EuGH zur einer früheren österreichischen Pernsionsreform erwirkt, wonach das für Männer und Frauen unterschiedliche Antrittsalter für die Frühpension wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit dem EU-Recht nicht vereinbar sei.

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