Treffen mit Außenminister & Ministerpräsidentin

Kneissl in Bangladesch bei Regierungsspitze & Business-Meeting

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Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) absolviert am Mittwoch einen Besuch in Bangladesch. 

In Dhaka steht neben einem Treffen mit Außenminister Abdul Momen und einem Business-Meeting auch ein Höflichkeitsbesuch bei Ministerpräsidentin Sheikh Hasina auf dem Programm. Weitere Stationen Kneissls sind bis Mittwoch kommender Woche Nepal, Bhutan und Indien.
 

Wahl der Regierungsspitze von Gewalt überschattet

Mit Hasina steht seit Anfang des Jahres eine alte Bekannte an der Regierungsspitze des bevölkerungsreichen Landes. Bangladesch ist mit einer Fläche von rund 148.000 Quadratkilometern zwar nur doppelt so groß wie Österreich, hat aber fast 20-mal so viele Einwohner, nämlich knapp 165 Millionen Die 71-jährige Hasina war am 7. Jänner zum vierten Mal als Premierministerin vereidigt worden. Ihre Partei Awami League hatte bei der Parlamentswahl acht Tage zuvor 259 von 299 Sitzen gewonnen. Die Wahl war von Gewalt und Manipulationsvorwürfen überschattet.
 
Sheikh Hasina
© Getty Images
 
Die 71-Jährige ist eine Tochter des Staatsgründers Scheich Mujibur Rahman, des 1975 ermordeten ersten Regierungschefs des früheren Ostpakistans. Sie ist seit 2009 im Amt und regierte auch schon von 1996 bis 2001. Die Opposition um die frühere Premierministerin Khaleda Zia, die zwei Haftstrafen wegen Korruption absitzt, sowie Menschenrechtsaktivisten werfen Hasina einen zunehmend autoritären Regierungsstil vor.
 

Deutliches Wirtschaftswachstum unter Hasina

Unter Hasina hat Bangladesch ein deutliches Wirtschaftswachstum erlebt, aber auch etwa die Rohingya-Krise und den Einsturz des Textilfabrikgebäudes Rana Plaza mit mehr als 1.100 Toten im Jahr 2013. Die Textilindustrie war in den vergangenen Monaten durch eine Streikwelle teils lahmgelegt worden. Nach mehreren Tagen mit Protesten tausender Textilarbeiter in Bangladesch kündigte die Regierung Mitte Jänner höhere Löhne an. Sie sollen rückwirkend ab Dezember gezahlt werden, wie Handelsminister Tipu Munshi nach Verhandlungen mit Vertretern der Gewerkschaften und Fabrikbesitzer sagte. Allerdings kam es kurz darauf offenbar zu Massenentlassungen. Nach Angaben der Polizei vom Dienstag feuerten Fabrikbesitzer knapp 4.900 Angestellte, weil sie sich an den Streiks für mehr Lohn beteiligt hatten. Gewerkschaften zufolge verloren fast 7.000 Textilarbeiterinnen ihre Stelle.
 
Die Arbeiter hatten unter anderem mit Blockaden von Straßen gefordert, dass ein bereits 2018 beschlossenes Schema zur Bezahlung der Textilarbeiter auch umgesetzt werde. Das Arbeitsministerium teilte am Sonntag nun mit, das gesetzliche Mindestgehalt für Berufseinsteiger bleibe bei monatlich 8.000 Taka (knapp 83 Euro) - bereits im Dezember war es um gut 50 Prozent erhöht worden. Ein Arbeiter mit einschlägiger Berufserfahrung soll nun aber 18.257 Taka pro Monat statt der bisher geltenden 17.510 Taka bekommen. Die Löhne in den dazwischen liegenden vier Stufen würden entsprechend angepasst.
 

30 Milliarden US-Dollar Exporteinnahmen in der Textilindustrie

Die Wirtschaft des armen Landes in Südasien ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Dahinter stehen zum großen Teil die Exporteinnahmen der Textilindustrie von fast 30 Milliarden US-Dollar (rund 26 Mrd. Euro) pro Jahr. Wegen niedriger Kosten lassen viele europäische Konzerne in Bangladesch Kleidung produzieren. Brände sowie der Einsturz der Textilfabrik 2013 in der Hauptstadt Dhaka mit vielen Toten hatten auch international den Blick auf die dortigen Arbeitsbedingungen gelenkt.
 

Bangladesch an österreichischer Expertise und Technologien interessiert

Im Wirtschaftsbereich zeigt sich Bangladesch laut Außenministerium und Wirtschaftskammer (WKÖ) besonders an österreichischer Expertise und Technologien zur dezentralen und nachhaltigen Energiegewinnung interessiert. Zudem sieht Bangladesch die Erschließung und Nutzung von Wasserkraft als mögliches zukünftiges Feld der Zusammenarbeit mit Österreich. Derzeit sind rund 30 österreichische Firmen in Bangladesch vertreten.
 
Das Handelsvolumen betrug 2018 schätzungsweise rund 850 Millionen Euro. 2018 beliefen sich die österreichischen Exporte nach Bangladesch auf hochgerechnet rd. 70 Mio. Euro, insbesondere Stromaggregate, Maschinen, Spinnstoffe, Papier, chemische Erzeugnisse und andere elektrische Maschinen und Apparate. Die Importe aus Bangladesch lagen 2018 bei hochgerechnet 770 Mio. Euro. Rund 90 Prozent der österreichischen Importe entfallen auf Bekleidungsartikel.
 
 

OeEB finanziert Projekte in Größenordnung von 70 Mio. Euro

Die Österreichische Entwicklungsbank (OeEB) finanziert zahlreiche Projekte in Bangladesch in der Größenordnung von 70 Mio. Euro, u.a. im Solarbereich, zur Vergabe von Krediten an Klein- und Mittelbetriebe sowie an Unternehmen im Bekleidungs- und Textilsektor. Es wird auch ein Krankenhaus in Chittagong errichtet.
 

EU ist Bangladeschs wichtigster Handelspartner

Das "Everything But Arms" Programm der EU ist eine wichtige Stütze für den Außenhandel des südasiatischen Landes. Das Handelsvolumen belief sich 2018 auf rd. 44 Mrd. Euro. Bangladeschs Exporte in die EU betrugen 2018 15 Mrd. Euro. Das stellt eine Verdreifachung innerhalb von zehn Jahren dar. Auch hier entfielen rund 90 Prozent auf den Textilbereich (Ready Made Garments). Die EU-Exporte 2018 betrugen 28 Mrd. Euro. (2017: 27,5). Vor dem Hintergrund der Unfälle in Textilfabriken im Jahr 2013 setzt sich die EU seither im Rahmen des sogenannten "Sustainability Compact" für höhere Sicherheits- und Gesundheitsstandards sowie bessere Arbeitsbedingungen im Textilbereich ein.
 
Das arme Bangladesch - das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt mit 4.600 US-Dollar (4.082,36 Euro) rund ein Zehntel des österreichischen Werts (42.060 Euro pro Einwohner) - sah sich seit 2017 auch mit einer Welle von Flüchtlingen der vorwiegend muslimischen Ethnie der Rohingya aus Myanmar konfrontiert. Mehr als 700.000 von ihnen flüchteten innerhalb weniger Monate Ende 2017 vor Gewalt des Militärs aus ihrer Heimat in das islamische Bangladesch. Die muslimische Minderheit wird seit Jahrzehnten im mehrheitlich buddhistischen ehemaligen Burma diskriminiert. UNO-Ermittler sprechen von einem "anhaltenden Völkermord" mit mindestens 10.000 Toten. Noch immer kommen hin und wieder Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch an.
 

Außenminister Momen will Grenze zum östlichen Nachbarland schließen

Anfang Februar kündigte Außenminister Abdul Momen nach einem Treffen mit der US-Schauspielerin Angelina Jolie in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka an, die Grenze zum östlichen Nachbarland schließen zu wollen. Jolie war als Sonderbotschafterin des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR nach Bangladesch gereist und hatte die Rohingya-Flüchtlingslager besucht. "Wir hatten unsere Grenze für Menschen offen gelassen", sagte Momen mit Blick auf die Rohingya. "Mehr werden wir nicht aufnehmen." Rund eine Million Angehörige der Volksgruppe der Rohingya leben im größten Flüchtlingslager der Welt, Kutupalong, und in seiner Umgebung im Bezirk Cox's Bazar unweit von Bandarban.
 
Abdul Momen
© Getty Images
 
Bangladesch wird auch immer wieder von Naturkatastrophen (Wirbelstürme und Überschwemmungen) heimgesucht. Bangladesch sieht sich laut Außenministerium (BMEIA) mit seiner hohen Bevölkerungsdichte von circa 1.115 Einwohner pro Quadratkilometer und seiner niedrigen Küstenlinie als eines der am meisten durch Klimawandel und Naturkatastrophen verwundbaren Länder und spricht in internationalen Foren wiederholt die Problematik der Klimaflüchtlinge an.
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