ÖVP-Perspektiven

Koalitionsstreit über ÖVP-Reformpläne bricht aus

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Die SPÖ ist gegen einige Ideen der ÖVP-Perspektivengruppe, wie Mehrheitswahlrecht und Familiensplitting. Der absehbare Konflikt ist eingeläutet.

Die SPÖ lehnt mehrere Punkte des Reformprogramms der ÖVP-Perspektivengruppe ab. Beim "Runden Tisch" des ORF am Montagabend zum Jahrestag der Nationalratswahl waren die Streitpunkte unübersehbar, auch wenn die beiden Klubchefs Josef Cap (SPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP) um Harmonie rangen.

Streitpunkt Mehrheitswahlrecht
"Verwundert" zeigte sich Cap über die von der ÖVP eröffnete Debatte über ein Mehrheitswahlrecht. Vor allem auch über die Begründung der ÖVP-Perspektivengruppe. In deren Papier wird zur "offenen Debatte" aufgerufen, da "durch das bestehende Wahlrecht erzwungene Koalitionen" die Demokratie mehr schädigen könnten als sichtbare Richtungsentscheidungen bei Wahlen.

Cap fragte in Richtung Schüssel, ob er die Koalition als aufgezwungen empfinde - die SPÖ tue das jedenfalls nicht: Man habe das Beste aus dem Wählerentscheid gemacht. Die Mehrheit der SPÖ sei klar gegen ein Mehrheitswahlrecht.

Streitpunkt Familiensplitting
Beim Familiensplitting sprach Cap von einer "ideologischen Sache". Es würde die Großverdiener begünstigen und sei ungerecht. Aber das passe eben ins "Familienbild der ÖVP".

Schüssel konterte, er verstehe nicht, warum die SPÖ oft Nein sage - etwa zur Finanzierung von Tagesmüttern oder der Wahlfreiheit bei der Bildung. Die SPÖ sei eben "zentralistischer orientiert" und vertraue "mehr dem Staat und nicht dem Bürger", so Schüssel. Das Familiensplitting sei notwendig, da man heute ein "echtes Problem" habe, nämlich zu wenig Kinder.

Streitpunkt Homo-Pakt
Selbst das Thema eingetragene Partnerschaften, mit dem sich die ÖVP nun langsam anfreundet, barg Konfliktpotenzial. Cap verwies darauf, dass die SPÖ diesen Punkt eigentlich schon im Regierungsprogramm haben wollte. Schüssel meinte, der ÖVP-Vorschlag gehe aber weniger weit - das ÖVP-Modell zur eingetragenen Partnerschaft würde sich klar von der Ehe abgrenzen.

Wie auch immer, die eingetragene Partnerschaft dürfte schon nächstes Jahr Realität werden. Derzeit wird ein Gesetzesentwurf für den Homo-Pakt erstellt. Dann soll dieser mit dem Koalitionspartner abgestimmt werden.

Grünen sehen Anlassgesetzgebung
Grünen-Chef Alexander Van der Bellen spricht sich vehement gegen das Mehrheitswahlrecht aus, weil es kleinere Parteien von der Regierungsbildung ausschließen würde: "Das wäre Anlassgesetzgebung der schlimmsten Art." Beim Familiensplitting wittert er eine "Falle" für Frauen - nämlich dann, wenn durch das Zusatzeinkommen einer bisher nicht erwerbstätigen Frau der Grenzsteuersatz und damit die Steuerbelastung der gesamten Familie nach oben rückt. Für die eingetragene Partnerschaft hat Van der Bellen Lob parat.

FPÖ gegen Mehrheitswahlrecht
Das von der ÖVP-Perspektivengruppe angedachte Mehrheitswahlrecht wird von der FPÖ "kategorisch" abgelehnt. Die ÖVP wolle damit "offensichtlich im Monarchenwahn unangenehme Opposition" ausschalten, meinen die FPÖ-Generalsekretäre Harald Vilimsky und Herbert Kickl. Sie sehen in dem Vorstoß einen "massiven Anschlag auf das Wahlrecht".

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