Exklusiv-Interview

Kogler in ÖSTERREICH: "Eurofighter-Verfahren nicht vorschnell einstellen"

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Vizekanzler: ''Weiterführung der Geschäftsbeziehung mit Eurofighter schwer vorstellbar'' – Kogler erwartet sich ''mehrere hundert Millionen Euro Abschlagszahlung''.

Wien. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler übt im ÖSTERREICH-Interview (Sonntagsausgabe) scharfe Kritik an den kolportierten Einstellungsplänen des Eurofighter-Verfahrens: "Die neuen Erkenntnisse aus den USA werden meiner Ansicht nach dazu führen, dass man die Ermittlungen nicht einstellt. Und wie bewerte ich das? Sehr seltsam ist das Ganze. Was die Justizministerin jetzt machen sollte, ist, danach zu trachten, dass die Verfahren nicht vorschnell eingestellt werden. Das Zweite ist, dass sie sich berichten lässt über Hergang, Ablauf und Stand der Ermittlungen. Das braucht es. Denn wenn hier zügiger gearbeitet würde, würde sich die Republik leichter tun mit einem etwaigen Vertragsausstieg."
 
Kogler weiter: "Ich bin dafür, dass maximaler Steuerzahlerschutz gewährleistet ist. Für dieses Ziel gibt es mehrere Varianten – das kann auch der Vertragsausstieg sein. Wenn sich Airbus-Eurofighter weiter so überheblich benimmt, ist ohnehin die Frage, ob man sich nicht allein aus politischen Gründen von einem derart aggressiven Konzern mit unsauberen Geschäftspraktiken trennt. Und damit vom gesamten Eurofighter-System. Wenn das Verhältnis zwischen dem Konzern und der Republik so bleibt, ist es schwer vorstellbar, dass man da eine Geschäftsbeziehung weiterführt."
 
Der Grünen-Chef droht Airbus auch damit, andere europäische Länder über die Geschäftspraktiken des Konzerns zu informieren: "Ich glaube, dass anhaltender öffentlicher Druck  Airbus-Eurofighter dazu bringen wird, mehrere hundert Millionen Euro Abschlag zu zahlen. Und was ich sicher angehen werde, ist, mit anderen europäischen Ländern Kontakt aufzunehmen und zu informieren, welche dubiose und ablehnenswerte Geschäftspraktiken den österreichischen Eurofighter-Kauf samt allen Manipulationen begleitet haben. Das kann dem Konzern nicht egal sein und wird entsprechenden Druck erzeugen. Jedenfalls mehr Druck als das vergangene Herumwerkeln eines einzelnen Staatsanwalts."
 
Auf die Frage, wie die künftige Luftraumüberwachung in Österreich aussehen solle, antwortet Kogler: "Die kostengünstigste Lösung soll es werden. Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf verständigt, dass weiterhin eine aktive Luftraumüberwachung betrieben wird. Mir sind dabei drei Dinge wichtig: Alle Varianten auf mindestens 20 Jahre vorausrechnen – also auch die Betriebskosten einbeziehen. Hätten wir das damals schon gemacht, hätten wir diese Eurofighter nie gekauft. Das ist ja ein Grund für die Budgetkrise beim Heer, diese Flieger fressen uns die Haare vom Kopf. Zweitens, muss es unbedingt ein Geschäft ohne Lobbyisten und Zwischenhändler – also die üblichen Geldkofferträger –  sein. Und was das Produkt betrifft: Da deutet einiges darauf hin, dass uns ein Einflottensystem billiger kommen könnte."
 
Eine Option sei laut Kogler jedenfalls auch der Unterschallflieger "Leonardo" einbeziehen: "Ich halte vieles für möglich und würde das unbedingt in die Diskussion einbeziehen. Das war ja damals schon der Punkt: Wozu brauchten wir einen Luft-Ferrari mit schweren Kinderkrankheiten, wenn es ein solider Kleinwagen auch getan hätte."
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