22 statt 20 Stunden

Lehrer müssen bald 2 Stunden mehr unterrichten

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SPÖ-Bildungsministerin Schmied plant die Mehrarbeit als Teil der Bildungsreform. Die Gewerkschaft donnert und droht mit Streik.

Die Budgetverhandlungen sind abgeschlossen. Am 21. April wird ÖVP-Finanzminsiter Josef Pröll seine erste Budgetrede halten. Etwas mehr Mittel als bisher hat diesmal SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied für ihr Ressort abbekommen. Trotzdem verlangt sie im Zug der Bildungsreform mehr Unterrichtszeit von den Lehrern für das gleiche Gehalt.

Anschluss an internationale Spitze
"In den kommenden Jahren werden wir die Klassen weiter verkleinern, die Tagesbetreuung verbessern, die Sprachförderkurse ausbauen, mehr Kleingruppenunterricht ermöglichen und die Schulgebäude modernisieren", verspricht die Bildungsministerin. Diese Schritte seien wichtig, um den Anschluss an internationale Spitzenleistungen zu schaffen.

Lehrer müssen 2 Stunden mehr lehren
Die Verbesserungen und Aufrechterhaltung des Schulbetriebs seien trotz höheren Budgets nur durch eine strukturelle Maßnahme möglich: Das "Heranführen der Unterrichtsverpflichtung der österreichischen Lehrer an internationale Werte". Die Unterrichtsverpflichtung wird daher mit kommendem Schuljahr für alle Lehrer um zwei Stunden erhöht.

22 statt 20 Stunden in der Klasse
Alle Lehrer werden also – im Rahmen ihrer bestehenden 40-Stundenwoche – zwei Stunden mehr in den Klassen bei den Kindern sein. Bisher liegt etwa die durchschnittliche Unterrichtszeit eines AHS-Lehrers bei 20 Stunden und zukünftig bei 22 Stunden pro Woche. Schmied: "Dadurch wird jeder Lehrer dazu beitragen, dass wir den Spagat zwischen den knappen Ressourcen und der Verbesserung der Bildung für unsere Kinder gemeinsam meistern werden."

  • Bisher liegt die Unterrichtsverpflichtung der österreichischen Lehrer etwa im Sekundarbereich I (AHS-Unterstufe und Hauptschule) mit 607 Unterrichtsstunden pro Jahr deutlich unter dem OECD-Schnitt mit 717 Unterrichtsstunden pro Jahr. Österreich belegt hier den 19. von 24. Plätzen der OECD-Länder (Quelle: OECD ‚Education at a Glance 2008’).
  • Ein österreichischer Lehrer im Sekundarbereich I verdient am Ende der Berufslaufbahn im Durchschnitt kaufkraftbereinigt 57.141 Dollar und somit deutlich mehr als der OECD-Schnitt von 49.778 Dollar. Österreich liegt in diesem Vergleich an 5.Stelle im OECD-Vergleich (Quelle: OECD ‚Education at a Glance 2008’).

Freizeit schrumpft nicht
Weitere dienstrechtliche Besonderheiten bleiben von dieser Maßnahme unberührt, sagt Schmied zu: Die unterrichtsfreie Zeit eines Lehrers beträgt durch Schulferien und Feiertage pro Jahr rund 4 Monate. Lehrer haben in Österreich jährlich durchschnittlich 180 Unterrichtstage.

Eine Sektion aufgelöst
Schmied will auch in ihrem Ministerium sparen: Eine gesamte Sektion des Ministeriums wird aufgelöst und in die restlichen sechs Sektionen eingegliedert. Auch wird eine umfassende Aufgabenreform gestartet.

Gewerkschaft donnert
Mit einhelliger Empörung haben die Lehrer-Gewerkschafter auf diese Ankündigung reagiert und "Maßnahmen - volle Kraft voraus" angedroht: sowohl Pflichtschulgewerkschaftsvorsitzender Walter Riegler als auch die Lehrer-Vertreter an Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS) und AHS. Bei der Sitzung der Lehrer der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst am Dienstag soll über Maßnahmen entschieden werden.

Vernichtung von Jobs
Den Gewerkschaftern zufolge kann die Zusatzarbeit nur bedeuten, dass künftig weniger Personal benötigt und "10.000 Leute rausgeschmissen" werden, oder dass das Schulangebot ausgebaut wird und die vorhandenen Lehrer "Gratis-Mehrarbeit" leisten, während der Nachwuchs nicht nachrücken kann. Beides ist in ihren Augen "Dienstpostenvernichtung".

Außerdem sind den Arbeitnehmervertretern zufolge viele Lehrende jetzt schon "am Zahnfleisch". Es würden viele Überstunden angesammelt, und die Arbeitszeit liege "eh schon weit über 40 Wochenstunden".

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