Opposition wittert "Fake-Budget"

Maskenball im Hohen Haus: Start für Budget-Debatte

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Dienstagvormittag fiel der Startschuss für die große Budget-Debatte im Nationalrat – angesichts der, den Umständen entsprechenden, doch recht hohen Anzahl an Rednern entstand das Bild eines ''Maskenballs''. 

Wien. Die Opposition hat am Dienstag zum Auftakt der Budgetberatungen im Nationalrat erneut scharfe Kritik am vorgelegten Budget geübt. Während die FPÖ von einem "falschen Budget" sprach und die NEOS eine "Respektlosigkeit" gegenüber dem Parlament orteten, forderte die SPÖ hinsichtlich der Corona-Hilfsmaßnahmen "echte Hilfe statt leerer Versprechen". Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wies die Vorwürfe zurück.
 
Video zum Thema: Hitzige Budget-Debatte: Das sagt Blümel
 
Zu Beginn der dreitägigen Budgetberatungen, die am Donnerstag mit dem Budgetbeschluss enden werden, kritisierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, dass die durch die Corona-Krise zu erwartenden Kosten im Zahlenwerk überhaupt keinen Niederschlag gefunden hätten. Denn das, was das Parlament beschließen soll, "bildet diese Jahrhundertkrise nicht im geringsten ab". In Deutschland sei es sehr wohl gelungen, die Krise auch in Zahlen zu gießen.
 
Video zum Thema: Budgetdebatte im Nationalrat: Das sagt Rendi-Wagner
 
Der österreichischen Bundesregierung fehle es hingegen an "Plan, an Perspektive, an Orientierung", so Rendi-Wagner. Seit gestern wisse man, dass von den angekündigten 38 Mrd. Euro Corona-Hilfen "gerade einmal 460 Millionen vergeben" worden seien. "Es braucht endlich echte Hilfe statt leerer Versprechen", so die Forderung der SPÖ-Chefin. Denn wenn man nicht jetzt gegensteuere, setze sich eine "Negativspirale" in Gang und es brauche umso mehr Mittel, je länger diese andauert. Einmal mehr untermauerte sie ihre Forderung nach dem "größten Beschäftigungspaket der Zweiten Republik".
 
FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs warf den türkisen und grünen Abgeordneten vor, dass diese "bedauerlicherweise wissentlich ein falsches Budget beschließen werden". Im Budget sei ein Defizit von nur 600 Mio. Euro vorgesehen, das Finanzministerium habe aber bereits im April ein zu erwartendes Minus von 30,5 Mrd. Euro nach Brüssel gemeldet. "Und trotzdem genehmigen 97 schwarz-grüne Abgeordnete ein falsche Defizit von 600 Millionen Euro." Die Opposition habe den Finanzminister "schon zigmal aufgefordert, endlich ein Budget aufgrund der vorliegenden Daten vorzulegen - auch wenn wir wissen, dass die Daten unsicher sind. Der nun vorliegende Budgetentwurf ist auf jeden Fall ein Ausdruck von großer Respektlosigkeit des Finanzministers".
 
Dem pflichtete auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei: Es sei "jedes Verständnis da, dass nicht jede Zahl auf Punk und Beistrich halten wird", betonte sie. "Aber nicht einmal zu versuchen, ein seriöses Budget mit Nachtrag zu liefern, das ist eine Respektlosigkeit gegenüber der Volksvertretung." NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer unterstrich die Kritik am von Meinl-Reisinger als "Altpapier" titulierten Budget aktionistisch und brachte Blümel einen türkisen Mistkübel mit, verziert mit der Aufschrift "Ein Budget zum Kübeln". Wie zuvor Fuchs kritisiert Meinl-Reisinger auch die geplante "Überschreitungsermächtigung", mit der die Regierung das Budget wegen der Corona-bedingten Ausgaben um bis zu 28 Mrd. Euro überziehen wird können. Der Finanzminister erhalte damit einen "Blankocheck", dies sei "eine Selbstaufgabe des Parlamentarismus".
 
Video zum Thema: Budget-Debatte: Das sagt Meinl-Reisinger
 
Hinsichtlich der Corona-Hilfen sprach die NEOS-Chefin von Bürokratismus, für viele Unternehmen bedeute das Vorgehen eine "Liquiditätsfalle". Und Fuchs meinte dazu: "Wenn sie, Herr Finanzminister, so weitermachen mit Bürokratismus und Formularwirtschaft, dann werden die meisten Unternehmer pleite sein, bevor sie nur einen Euro erhalten haben." Zu den noch zu beschließenden Maßnahmen im Gastronomie-Bereich sagte der FPÖ-Abgeordnete, der geplante Wegfall der Schaumweinsteuer nütze nur den Sektherstellern, nicht den Wirten. Gleiches gelte etwa für die höhere Absetzbarkeit von Geschäftsessen.
 
"Wir können momentan nur von einer Momentaufnahmen sprechen, alles andere wäre unseriös", verteidigte ÖVP-Klubobmann August Wöginger das Budget-Vorhaben. Ein Kassasturz mache erst im Herbst Sinn, das würden auch Experten bestätigen. Dennoch sei das Vorhaben richtig, denn das Budget sehe zusätzliche Mittel in vielen Bereichen vor, die notwendig seien. "Auch wenn uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, ist das Regierungsprogramm, auf das sich die türkis-grüne Regierung geeinigt hat, alles andere als hinfällig", ergänzte die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Und dieses Programm sei im vorliegenden Budget abgebildet.
 
Video zum Thema: Budgetdebatte im Nationalrat: Das sagt Wöginger
 
Auch Finanzminister Blümel selbst verwies auf die Notwendigkeit, das Budget so zu beschließen, wie von ihm vorgelegt: "Ich bin der Meinung, dass es sinnvoll ist, dieses Budget in dieser Form zu beschließen, weil es viele gute und richtige Maßnahmen enthält." U.a. verwies er auf geplante Mittelerhöhungen in den Bereichen Justiz, Umwelt- und Klimaschutz, Polizei oder Wissenschaft und Forschung. "Das kann sich sehen lassen."
 
Auch wäre es unseriös, bereits jetzt Corona-bedingte Kosten einzupreisen: "Die Prognosen betreffend der Wachstumsprognosen divergieren, sind höchst unterschiedlich" - und würden von minus drei bis minus neun Prozent reichen. Kritik an der Überschreitungsermächtigung wies er zurück und verwies auf die geplante monatliche Berichtspflicht an das Parlament. Dass die nach Brüssel gemeldete Zahlen im Widerspruch zum Budget stünden, wischte der Minister vom Tisch: Diese Zahlen hätten "nichts mit dem Budget zu tun", sondern stellten vielmehr eine Schätzung dar. Und die Corona-Hilfen würden sehr wohl wirken: "Diese Hilfe kommt an", sagte er und verwies etwa auf bereits bewilligte 6 Mrd. Euro an Steuerstundungen oder die schon bewilligten Kurzarbeits-Anträge: hier seien 40.000 bereits abgewickelt worden und es sei auch schon Geld geflossen.
 
 

Maskenball im Hohen Haus

Maskenball im Hohen Haus: Start für Budget-Debatte
© oe24.TV
× Maskenball im Hohen Haus: Start für Budget-Debatte
 
Bereits einige Minuten vor Beginn der offiziellen Sitzung trudelte ein Top-Politiker nach dem anderen im Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg ein. Dabei erinnerten die Szenen, die sich den oe24.TV-Zusehern boten, an eine kuriose Art von "Maskenball".
 

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Maskenball im Hohen Haus: Start für Budget-Debatte
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 Stellvertretende Parlamentsklub-Chefin der Grünen Sigi Maurer setzte auf eine bunte Regenbogen-Maske
 
Ob grün gemusterte Maske des Vizekanzlers, futuristisch anwirkende weiße Schutzmaske von SPÖ-Chefin Rendi-Wagner oder der regenbogenfarbene Mund-Nasen-Schutz von Sigi Maurer und Leonore Gewessler – Österreichs Top-Politiker wissen also, wie man sich stylish vor dem Coronavirus schützt. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka entschied sich indes für das weniger weit verbreitete Plexiglas-Schutzschild.
 
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 Kanzler Kurz mit klassischer Einwegmaske und Vizekanzler Kogler mit grün gemusterter Maske
 
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Beinahe-Eklat um Kogler. Vizekanzler Werner Kogler trat in der ersten Sitzung zum Budgetausschuss bereits in das erste Fettnäpfchen. Als er an seiner Maske herumfummelte, passierte es, dass die Schutzmaske unter seine Nase rutschte. Kurzzeitig saß der Vizekanzler demnach mit falsch sitzender Maske im Nationalrat – er konnte den Fauxpas jedoch wenige Augenblicke bemerken und beheben. 
 
Video zum Thema: Kogler: Schutzmaske unter der Nase
 

 

 
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