Studie vorgestellt

Migranten fühlen sich in Österreich bedroht

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Quelle für ihre Angst ist Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Migranten sind auf ihrer Flucht vor Krieg, Verfolgung oder Not auf der Suche nach Sicherheit. Österreich würde mit Frieden, Demokratie und Sozialnetz diese Sicherheit bieten, doch Migranten erleben hierzulande vielfach Unsicherheit, Angst und Bedrohung, wie die erstmalige Untersuchung dieser Gefühle aus der Perspektive von Migranten zeigt. Die Studie wurde am Dienstag im Rahmen der Jahrestagung der Migrations- und Integrationsforschung in Österreich in Wien präsentiert.

"Neigung zur Fremdenfeindlichkeit"
Edith Enzenhofer vom Forschungsinstitut des Roten Kreuzes und Diana Braakmann von der Sigmund Freud Privatuniversität Wien haben für ihre im Rahmen des österreichischen Sicherheitsforschungs-Förderprogramms KIRAS durchgeführte Untersuchung im Vorjahr 36 qualitative Interviews mit Personen aus 19 Herkunftsländern (Türkei, Ex-Jugoslawien, osteuropäische Länder, Afrika, Lateinamerika, Asien und Länder des mittleren Osten) geführt.

Als bedeutende Quelle von Angst und Bedrohung haben die Wissenschafterinnen die Erfahrungen von Migranten mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit festgestellt. "Verbale Verletzungen der Würde stellen einen ständig präsenten Belastungsfaktor dar", so Enzenhofer. "Die verbreitete Neigung der österreichischen Mehrheitsbevölkerung zu Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus fokussiert sich besonders auf 'auffällige' Personen, die als 'anders' zu erkennen sind", etwa Personen mit dunkler Hautfarbe oder kopftuchtragende Frauen", heißt es in der Studie.

"Quälende Warteteit" auf Aufenthaltsrecht
Einen grundlegenden Einfluss auf die subjektiv erlebte Sicherheit von Migranten hat auch die aufenthaltsrechtliche Situation, viele der befragten Migranten würden "erheblich unter ihrer Aufenthaltsunsicherheit leiden". So erweise sich die "jahrelange quälende Wartezeit und die erzwungene Untätigkeit, mit der Asylwerber oft konfrontiert sind, als psychisch überaus belastend". Angesichts eines jederzeit wiederrufbaren Aufenthaltsrechts werde jede Berufsplanung, aber auch die Gestaltung eines Familienlebens unmöglich. "Das 'Leben auf Zeit' lässt kein Sicherheitsgefühl zu. Die ständig bestehende Angst vor Abschiebung ist als besonders gravierender Unsicherheitsfaktor zu werten und löst massive Ängste aus", heißt es in der Studie.

Von der aufenthaltsrechtlichen Situation hängen aber auch zahlreiche andere Faktoren ab, die die Lebenssituation von Migranten maßgeblich beeinflussen. So seien etwa materielle Notlagen aufgrund des Verbots der Erwerbsarbeit, die darauf basierende Abhängigkeit von Unterstützungseinrichtungen, ein damit in Zusammenhang stehendes Hilflosigkeitsgefühl oder Angst und Verunsicherung im Kontakt mit Behörden oder Polizei oft nur vor dem Hintergrund des konkreten Aufenthaltstitels zu verstehen.

Migranten bleiben unter sich

Aber selbst die positive und stabilisierende Wirkung von Sicherheitsfaktoren, wie ein gesicherter Aufenthalt, werden bei den Migranten "durch die tägliche Angst vor Herabwürdigung und Übergriffen erheblich abgeschwächt". "Neben Verzweiflung, Traurigkeit und Angst vor körperlichen Übergriffen ist der Rückzug von Interaktionen mit Mitgliedern der Mehrheitsgesellschaft eine häufige Folge, die häufig auch mit der Entwicklung depressiver Episoden einher geht", betonen die Wissenschafterinnnen. Die Tendenz, sich um einen Wohnsitz in einem Bezirk mit hohem Migrantenanteil zu bemühen, sei in diesem Zusammenhang eine nachvollziehbare Bewältigungsstrategie.

In Richtung Politik empfehlen die Studienautorinnen "raschere Entscheidungen über den aufenthaltsrechtlichen Status", da die oft jahrelange Unsicherheit eine hohe psychische Belastung bei den betroffenen Asylwerbern verursacht. Zudem sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Zuwanderern rasch ermöglichen, ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, weil der fehlende Arbeitsmarktzugang und die daraus resultierende Armut einer der wesentlichsten Unsicherheitsfaktoren für Migranten sei. Schließlich empfehlen die beiden Wissenschafterinnen eine Stabilisierung der Rechtslage, da oftmalige Änderungen die Gesetzeslage schwer durchschaubar machen und Unsicherheit erzeugen.

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