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Ex-VP-Chef warnt

Mitterlehner: "Sind auf Weg in autoritäre Demokratie"

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Nach Kritik am Kurz-Kurs der VP sieht sich Mitterlehner einer ­Ablehnungsfront gegenüber.

Die Präsentation des Buches Haltung im Presseklub Concordia (ÖSTERREICH brachte bereits Passagen) wurde am Mittwoch zu einer Generalabrechnung mit Sebastian Kurz. Reinhold Mitterlehner, Vorgänger des amtierenden Kanzlers an der ÖVP-Spitze, warf diesem nicht nur vor, ihn im Frühjahr 2017 wegintrigiert und die Regierungsarbeit sabotiert zu haben. Kurz führe Österreich zudem „weg von einer liberalen zu einer autoritären Demokratie“ – im oe24.TV-Talk legte er noch nach (siehe unten).

Kurz schwieg

Selten hatte ein Ex-Parteichef so hart abgerechnet – und trotzdem kamen weder von Kurz (urlaubt in Tirol) noch aus seinem Umfeld Konter. Doch der Ärger über „Djangos“ scharfe Schüsse war groß. Die Partei schickte ehemalige und aktive Granden in die Schlacht:

Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll warf ihm in ÖSTERREICH „gekränkte Eitelkeit“ vor. Mit Mitterlehner sei die ÖVP „immer mehr nach links ­gerückt“, sagte der als liberal geltende Pröll.

Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger kontert, die Ablöse Mitterlehners durch Kurz sei keine Intrige, sondern „die Rettung der ÖVP“ gewesen. Die ÖVP sei „unter Mitterlehner auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit ge­wesen“, so Spindelegger, der allerdings selbst wegen Erfolglosigkeit gegangen war.

NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ortete zwischen Mitterlehners „Eigenwahrnehmung und der Realität doch einige Diskrepanzen“. Zudem sei es „traurig“ zu sehen, „dass der Schmerz so tief sitzt“. Nachsatz der ÖVP-Politikerin: „Das tut mir für Mitterlehner persönlich auch sehr leid.“

Sogar Mitterlehners ehemaliger Mentor, Ex-Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl, lobte Kurz’ Kanzlerschaft demonstrativ. (gü)

Mitterlehner: "Sind auf Weg in autoritäre Demokratie"

oe24.TV: Warum schrieben Sie das Buch? Viele sagen, Sie hätten es nicht tun sollen, werfen Ihnen gekränkte Eitelkeit vor.

Reinhold Mitterlehner: Es ist keine Qualität, bei der persönlichen Eitelkeit anzusetzen. Ich wollte schon seit Jahren ein Buch schreiben. Vor allem über die Wirtschaftskrise. Dann ist eben die Facette Machtwechsel dazugekommen. Ich habe einfach geschildert, was passiert ist. Der Parteiobmann (gemeint ist Kurz) sagt ja, die letzte Regierung habe nur gestritten – deswegen habe man was tun müssen. So vorzugehen, unterscheidet sich von den üblichen Intrigen, da hätte ich mit keiner Wimper gezuckt. Doch schon im Sommer 2016 hat er Programme gemacht, Unterstützer gesammelt, Papiere waren präzise vorbereitet. Die feine Art ist das nicht.

oe24.TV: Sie wollten 2017 mit Kern weiterregieren – doch (der damalige Innenminister) Sobotka war der Sprengmeister.

Mitterlehner: Ganz richtig. Viele in der ÖVP haben gesagt, mit dem (SPÖ-Kanzler) Kern geht es nicht. Sprengen muss eine Koalition ja an sich der Parteichef – ich wollte das aber nicht. Nicht einmal Kurz wollte das tun. Also hat es ein anderer übernommen.

oe24.TV: Sie sind jetzt noch einmal ein Held der Medien …

Mitterlehner: Dass die obere Ebene damit keine Freude hat, ist klar. Wichtiger ist aber der Blick in die Zukunft: Denn wir sind ja bereits auf dem Weg von einer liberalen in eine autoritäre Demokratie.

oe24.TV: Sie greifen niemanden an im Buch – nur Innenminister Herbert Kickl.

Mitterlehner: Er balanciert an der verfassungspolitischen Grenze. Dass er Aufnahmezentren in Ausreisezentren umbenennt, ist zynisch.

 

Video zum Thema: Mitterlehner präsentiert Enthüllungsbuch "Haltung"
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