Haftbefehl

Natascha: Skandal um Ermittler

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Justiz jagte den Bruder, weil er Pilz treffen wollte.

Die Justiz wollte verhindern, dass Details der Kampusch-Ermittlungen bekannt werden, – und ging mit aller Macht 
gegen einen Gärtner vor.

Der Justizskandal im Fall Kampusch ging am Donnerstag in eine neue Runde: Der Bruder von Hauptermittler Franz Kröll, der Gärtner Karl Kröll (56), hätte sich vor Gericht wegen Diebstahls und Urkundenunterdrückung verantworten müssen. Er sagte ab – der Prozess platzte.

Kanonen auf Spatzen
Allemal pikant bleibt, wie die Justiz gegen Karl Kröll vorging: Man schoss mit Kanonen auf Spatzen. Der Vorgang ist inzwischen ein Fall fürs Parlament, der Abgeordnete Ewald Stadler wirft Justizministerin Claudia Bandion-Ortner nicht nur vor, ihre Staatsanwälte nicht im Griff zu haben. Bandion habe auch das Hohe Haus nicht vollständig und korrekt informiert. Was die Ministerin übrigens vehement bestreitet.

Selbstmord des Ermittlers
Und darum geht’s: Im Sommer 2010 beging Franz Kröll Selbstmord. Am Laptop des Kampusch-Chefermittlers wurden geheime Akten vermutet, die die Mehrtätertheorie unterstützen sollten. Als Karl Kröll am Rande des Begräbnisses seines Bruders einem Polizisten ankündigte, Kontakt zu dem grünen Aufdecker Peter Pilz aufzunehmen, war Feuer am Dach: Staatsanwältin Gertraud Pichler beantragte einen Haftbefehl.

Eine Nacht in U-Haft
Darin war nicht nur von einem Diebstahl von Franz Krölls Laptop und Sparbüchern die Rede. Es wurde auch vermutet, Franz Kröll wolle Peter Pilz treffen – um geheime Daten zu verkaufen.

Tatsächlich wurde Franz Kröll am 3. September – fünf Tage nach dem Treffen mit Pilz – verhaftet und tags darauf gleich wieder enthaftet. Warum, liegt auf der Hand: Auf dem Laptop des Kampusch-Chefermittlers waren die geheimen Daten offenbar nicht vorhanden.

Justiz erzählt andere Geschichte. Völlig fragwürdig wird die Sache allerdings, weil die Justiz behauptet, die Verhaftung habe gar nichts mit dem Treffen mit Pilz zu tun. Im Haftbefehl, der ÖSTERREICH vorliegt, klingt das anders: Zwar wird Kröll neben dem Laptop-Klau auch Diebstahl von 5.000 Euro sowie von Gegenständen aus dem Nachlass Franz Krölls vorgeworfen. Im weitaus größeren Teil des Haftbefehls wird aber der Verdacht geäußert, Franz Kröll wolle geheime Kampusch-Akten verkaufen – auch wird auf seine Geldsorgen hingewiesen.

Auch Bandion bleibt in ihrem Brief an das Parlament bei der Linie: Die Justiz habe Karl Kröll „nicht ursächlich wegen seiner Ankündigung, Kontakt zu Peter Pilz aufzunehmen“, festgenommen. Wer’s glaubt …

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