Unabhängigkeit

ORF-Streit: ZiB und Report im Clinch

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Ein Streit um unabhängigen Journalismus im ORF ist entbrannt.

Report-Chef Robert Wiesner im Rahmen einer Preisverleihung vor der Gefahr für die hohe journalistische Freiheit gewarnt. Das Medienhaus Wien hat dem politischen Wochenmagazin und dem „Hohen Haus“ den Walther-Rode-Preis für „profunden politischen TV-Magazinjournalismus“ verliehen. Das berichtet der Standard.

Nach Wiesner kommt die Gefahr für den ORF-Journalismus und dessen Unabhängigkeit nicht von außen, sondern aus den Reihen der ORF-Journalisten selbst. In seiner Kritik benutzt Wiesner ein Zitat aus dem kommende Woche erscheinenden Buch zur ORF-Reform „Die Macht der Bilder“, in dem er Folgendes schreibt: "Inhaltlich arbeitet die Redaktion des 'Report' derzeit in größerer Freiheit als viele vor uns, was genau wir berichten oder nicht, entscheiden wir selbst professionell. Kein Auftrag eines mächtigen Chefredakteurs oder selbstbewussten (General-)Intendanten hindert uns, und doch geht vieles nicht, vor allem in der geachteten Disziplin des investigativen Journalismus."

Weiter kritisiert Wiesner auch die Reduktion des Report-Teams um ein Drittel in den letzten zehn Jahren, wodurch es nur schwer möglich wäre, einem Verdacht nachzugehen und zu recherchieren, da die Arbeitskraft sonst für anderes fehlt.

"Türkiser Anruf"

Konkreter wird Wiesner, wenn er sagt, dass die Redaktion ein Anruf aus „türkisen“ Kreisen erreicht habe, mit der Botschaft, man solle nicht übersehen, dass SPÖ-Chef Kern in seiner Pressekonferenz davon geredet habe, dass sein „Plan A“ sogar für seine eigenen Wähler zu schwer zu verstehen gewesen wäre.

„Wir lächeln über den mäßig raffinierten Versuch, uns einen Spin anzudrehen, und lächeln auch noch, als wir ihn in der Online-Schlagzeile eines Boulevardblatts wiedererkennen. In den Qualitätszeitungen findet sich keine Spur davon, aber in einer Sendung im ORF klingt's ganz ähnlich. Das ist dann nicht mehr lustig.“

Bei dem Anrufer soll es sich um Gerald Fleischmann, Pressesprecher von Außenminister und ÖVP-Chef Sebastian Kurz gehandelt haben. Fleischmann bestreitet aber, den Anruf getätigt zu haben.

ZiB gemeint?

Wenn Wiesner von „einer ORF-Sendung“ spricht, wird er nicht konkret. Wie der Standard aber berichtet, findet man in der Zeit im Bild vom vergangenen Dienstag die Aussage von Kern: „Sein Plan A habe mehr Inhalte, als einem durchschnittlichen Wähler verdaubar ist.“ In der gesamten Breite wäre er für viele Menschen nicht überschaubar.

Entscheidung lag bei Redakteuren

"ZiB"-Innenpolitikchef Hans Bürger zeigt Unverständnis über den indirekten Angriff seines Kollegen und erklärt, dass zwei Redakteure die Wahl zwischen zwei „starken Sagern“ Kerns gehabt hätten. Einerseits über den „Holzweg“, auf dem man sich befindet, wenn man in der SPÖ einen Richtungsstreit „links“ oder „rechts“; „Stadt“ oder „Land“ führt; anderseits der „Plan A"-O-Ton. Bürger habe seinen Redakteuren die Entscheidung überlassen.

Zusätzlich merkt Bürger an, mehrere Medien an diesem Dienstagnachmittag die Verdaubarkeit des Plan A online in den Vordergrund gestellt hatten.

Manipulationsversuche

Insgesamt, da stimmt Bürger zu, gebe es regelmäßige Versuche von Parteien, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Solange dabei niemand bedroht werde, müsse jede Redaktion damit umgehen und dürfe sich nicht manipulieren lassen.

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