Enger Graf-Mitarbeiter

Opposition tobt - "Neonazi-Freund soll Höchstrichter werden"

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Neonazi Küssel intervenierte nach Prügelei zu seinen Gunsten.

Die Regierung hat heute eine Liste von Richtern am Bundesverwaltungsgericht beschlossen, die wohl mit einer Personalie für Aufsehen sorgen wird. Denn unter den Ernannten ist Hubert Keyl, einst enger Mitarbeiter des früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) und 2010 in eine Prügelaffäre involviert, bei der der bekannte Neonazi Gottfried Küssel zu seinen Gunsten in Erscheinung trat.
 
Der Vorfall ereignete sich in einem Rotlichtlokal in Wien, wo Keyl mit seiner Frau im Rahmen einer Burschenschafter-Party in Streit geraten sein soll und daraufhin von einem weiteren Teilnehmer des Festes niedergeschlagen und erheblich verletzt wurde. Keyls Frau, langjährige Mitarbeiterin des FPÖ-Parlamentsklubs, soll wenig später mit Küssel als Unterstützung an ihrer Seite in das Nachtlokal zurückgekehrt sein.
 
Ob Keyl seinen Posten antreten kann, liegt nun an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, dem nun die Ernennungsvorschläge von der Regierung übermittelt werden, anschließend findet die übliche Prüfung bei entsprechenden Ernennungen statt. Pikant ist die Angelegenheit auch deshalb, weil Verwaltungsrichter auch für Asylagenden zuständig sind. Als Jurist ist Keyl übrigens schon jetzt am Bundesverwaltungsgericht tätig.
 

Opposition tobt

Die Opposition hat auf die von der Regierung beschlossene Richter-Liste am Bundesverwaltungsgericht mit äußerst scharfer Kritik reagiert. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zeigte sich über die Ernennung von Hubert Keyl "entsetzt", der stellvertretende NEOS-Klubobmann Niki Scherak bezeichnete den Schritt als "untragbar".
 
"Dass die FPÖ mit Hubert Keyl einen Freund des bekannten Neonazi Gottfried Küssel als Richter für das Bundesverwaltungsgericht ernennt, ist untragbar. Damit wird einmal mehr deutlich, wie die FPÖ mit Hilfe der ÖVP die wichtigsten Positionen in Österreich besetzt", so Scherak in einer Aussendung.
 

Jarolim "entsetzt"

Jarolim zeigte sich im Gespräch mit der APA "entsetzt, weil das jeden Rahmen von Verantwortlichkeit sprengt". "Ich frage mich, mit welcher Verantwortung die Bundesregierung international und national agiert", sagte der SPÖ-Abgeordnete.
 
Jemand "mit der Vergangenheit des Herrn Keyl" für eine solche Position zu ernennen sei unverantwortlich: "Wenn das so ist, dann verstehe ich überhaupt nicht mehr, mit welcher Naivität, Ahnungslosigkeit oder Gewissenlosigkeit dem Land gegenüber die Organe der Republik, in diesem Fall jene in der Regierung, agieren", so Jarolim. Für Scherak sei besonders besorgniserregend, dass Keyl in Zukunft auch für Asylagenden zuständig sein werde: "Diese Entscheidung passt vorne und hinten nicht. Jemand, der der Neonazi-Szene offensichtlich nahe steht, hat in der Gerichtsbarkeit nichts verloren", so der pinke Abgeordnete.
 

Appell an Bundeskanzler

Sowohl Jarolim wie auch Scherak fordern Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dazu auf, in dieser Causa nun Position zu beziehen. "Ich wünsche mir eine Stellungnahme vom Bundeskanzler", so Jarolim, der aber nicht damit rechnet: Denn er erwarte sich von Kurz "überhaupt nicht mehr viel, weil er zu allem schweigt". Ähnlich die Kritik Scheraks: "Dass Kanzler Kurz sogar zu einer derartigen Frechheit schweigt, ist unzumutbar", sagte er.
 
Jarolim wie auch der stellvertretende NEOS-Klubchef setzen nun auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "Ich hoffe nun, dass der Herr Bundespräsident mit Ruhe und Sachverstand entscheidet", so der SP-Justizsprecher. "Der Bundespräsident muss diese Entscheidung verhindern. Wir dürfen nicht zulassen, dass derart untragbare Personen solch wichtige Ämter übernehmen", sagte Scherak.
 

FPÖ beißt zurück

Die FPÖ hat am Mittwochabend die Kritik an der Ernennung von Hubert Keyl zu einem der Kandidaten für den Posten eines Richter am Bundesverwaltungsgericht scharf zurückgewiesen. Keyl sei "ein hervorragender Kandidat", erklärte FP-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Er sieht eine "Hatz" vonseiten der Opposition, diese sei "verwerflich und widerwärtig".
 
"Die Sensationslust, welche die Opposition aus ihrem Tiefschlaf der politischen Verantwortung weckt, um etwas Aufmerksamkeit in der Medienwelt zu erheischen, erinnert mittlerweile wahrlich an die mittelalterliche Inquisition. Hier werden untadelige Staatsbürger mit besten Qualifikationen auf den Scheiterhaufen gestellt - unter Gejohle die Lunte herumgereicht", erklärte Hafenecker.
 
Die Voraussetzungen für einen Richter am Bundesverwaltungsgerichtshof seien für den Bewerber "mannigfaltig, anspruchsvoll und schwer zu erfüllen". "Magister Hubert Keyl hat alle Bewerbungsstationen mit Bravour durchlaufen und gilt hiermit, auch durch seinen tadellosen Leumund, als ein hervorragender Kandidat", so Hafenecker. Es könne "wohl nur Missgunst, Neid und Scheinheiligkeit" sein, wenn gegen Keyl "dermaßen gehetzt und intrigiert wird". Dies sei "Parteipolitik der übelsten Sorte". Die Freiheitliche Partei stehe "hinter ihren klugen und befähigten Köpfen" und werde sich "von ihrem Weg für Österreich" nicht abbringen lassen, so der Generalsekretär.
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