Dicke Luft

Fester Koalitionskrach wegen der Pflege

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"Koalitionsbruch" und "Weg des Konsenses verlassen": Das werfen SPÖ und ÖVP einander nach einer Abstimmung im Bundesrat vor.

Das Thema Pflege hat dem Koalitionsklima in der Nacht auf Freitag den Rest gegeben. Die ÖVP hatte im Bundesrat einen Grünen Entschließungsantrag unterstützt, die SPÖ nicht. SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger warf der Volkspartei dafür "Koalitionsbruch" vor. ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer sah das naturgemäß anders.

Im Entschließungsantrag werden die zuständigen Minister aufgefordert, dafür zu sorgen, dass nach Amnestie-Ende bei der 24-Stunden-Pflege daheim Nachsichtsmöglichkeiten angewendet werden, um Härtefälle zu vermeiden.

War eh ausgemacht
Laut ÖVP hat man nur dem selben Antrag zugestimmt, der schon davor mit SPÖ-Klubchef Josef Cap akkordiert gewesen sei. Es sei unverständlich, wieso die SPÖ plötzlich nicht mehr dabei war.

War nicht ausgemacht
Laut SPÖ war der Antrag der Grünen nicht mit dem der ÖVP ident. Außerdem seien die Bundesräte keine Befehlsempfänger, die einfach alles durchwinken, was man ihnen vorsetzt. Die Sozialdemokraten hätten jetzt ihrerseits auch "weniger Skrupel", in Zukunft bei einem guten Grünen Antrag mitzustimmen.

Die ÖVP mutmaßt nun, dass Cap zurückgepfiffen worden sei. Weshalb ÖVP-Klubchef Wolfgang Schüssel jetzt der SPÖ vorwirft, den "Weg des Konsens verlassen" zu haben.

In Eigenregie
Die beiden schwarzen Minister Martin Bartenstein und Andrea Kdolsky kamen der Aufforderung des Entschließungsantrags trotz roter Ablehnung sofort nach. Der Wirtschaftsminister bat die Landeshauptleute, auf die Verwaltungsstrafbehörden einzuwirken, in allfälligen Strafverfahren rechtliche Nachsichtmöglichkeiten und Milderungsgründe "voll auszuschöpfen". Die Gesundheitsministerin ersuchte die Sozialversicherungen um Milde.

Buchinger hatte sich übrigens schon immer gegen eine "Aktion scharf" gewandt.

Laut Schätzungen gibt es in Österreich zwischen 5.000 und 20.000 Haushalte, die sich der 24-Stunden-Kräfte bedienen. Die Pflegeamnestie läuft mit Jahresende aus. Sie schützt allerdings sowieso nur vor Verwaltungsstrafen, nicht aber vor Rückzahlungsforderungen durch die Sozialversicherungen im Falle von Anzeigen.

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