Verkehrsstrafen

Platter lehnt Faymanns Schikanenplan"

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Verkehrsminister Faymann will strengere Strafen für Verkehrssünder - Innenminister Platter lehnt Schikanen ab.

Nach der Horror-Unfallstatistik des ersten Halbjahres 2007 zieht Verkehrsminister Werner Faymann (SPÖ) jetzt die Notbremse: Er legt ein 10-Punkte-Programm zur Verkehrssicherheit vor, das neben mehr Bewusstseinsbildung und Trainings vor allem eines bringen wird: höhere Strafen. Außerdem sollen mehr Delikte ins Vormerksystem aufgenommen werden. Eine Arbeitsgruppe prüft, welche Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit umgesetzt werden können.

Rekord bei Verkehrstoten
Der Anlass ist mehr als tragisch: Erstmals seit 1999 ist die Zahl der Verkehrstoten in Österreich wieder gestiegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind bereits 324 Menschen auf Österreichs Straßen ums Leben gekommen, im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 277. Besonders die Zahl der verunglückten Alkolenker ist rasant angestiegen.

Raser und Alkolenker
Auf diese erschreckende Bilanz will Faymann mit einer Verschärfung der Bestimmungen für Alkohol am Steuer reagieren: Zwar gilt in Österreich die 0,5-Promille-Grenze, bisher wurde die volle Strafe aber erst ab 0,8 Promille fällig. Künftig soll ab 0,5 Promille der Führerschein weg sein, die Geldstrafen sollen deutlich erhöht werden. Auch den Rasern soll es an den Kragen gehen. Ein Szenario, das die Arbeitsgruppe prüft: Wer mehr als 30 km/h zu schnell fährt, soll mindestens 70 Euro zahlen. Anwendbar wäre diese Neuerung allerdings nur auf den Autobahnen, die Länder können über die Höhe der Stafen selbst entscheiden.

Platter will keine Schikanen
ÖVP-Innenminister Günther Platter will die Vorschläge zur Strafverschärfung "mit Experten und Praktikern diskutieren". Für Maßnahmen, die dazu beitragen würden, die Verkehrssicherheit zu erhöhen,, stehe er "natürlich zur Verfügung, nicht aber für Schikanen", betonte der Ressortchef. Er werde mit seinem Regierungskollegen sprechen und die Polizei in die Überlegungen einbinden.

Jeder kann erwischt werden
Platter will den Autofahrern klar machen, "dass jede und jeder weiß, dass die Gefahr sehr groß ist, erwischt zu werden." Im Kampf gegen Alkohol am Steuer habe man die Kontrolldichte "enorm erhöht und ausgeweitet" und heuer auch 270 neue Alkovortest-Geräte angeschafft. Im ersten Halbjahr seien gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 61 Prozent mehr Alkovortests durchgeführt worden.

Die Hauptursache für Unfälle sei jedenfalls nicht angepasste Geschwindigkeit, betonte Plaatter. Hier habe er vor dem Sommer "eine optimierte, angepasste Verkehrsüberwachung und -kontrolle" angeordnet.

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Aufklärung und Bewusstseinsbildung
Die Autofahrer sollen auf fünf Problembereiche hingewiesen werden, die oft zu Unfällen bzw. schweren Verletzungen führen: Alkohol am Steuer; Gurtenpflicht v. a. bei Kindern, Übermüdung, Schulwege, überhöhte Geschwindigkeit.

Überprüfung des Vormerksystems
Telefonieren am Steuer ohne Freisprecheinrichtung könnte neu in den Katalog der Vormerk-Delikte aufgenommen werden.

Bessere Sicherung von Eisenbahnkreuzungen
Als Erstmaßnahme kommen Bodenmarkierungen vor Bahnübergängen.

Bessere Ausbildung von Mopedfahrern, Motorradfahrern
Mehr Praxis, weniger Theorie, mehr Fahrtraining

EU-weites Tagfahrlicht
Das verpflichtende Licht am Tag liegt auf Eis, bis in der ganzen EU eine neue technische Regelung für das Tagfahrlicht kommt.

Anpassung der Verkehrsstrafen

Strengere Kontrollen bei Lkw
Gegen Verstöße bei Pflicht-Pausen.

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Grüne: couragiert
Die Grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser spricht von einem "ersten couragierten Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit", für den es allerdings erst "einer verheerende Unfall-Halbjahresbilanz" bedurft habe. Die Grünen unterstützen das Zehn-Punkte-Programm des Verkehrsministers. Moser fordert ein Gesamtkonzept und eine generelle Reform des Strafenkatalogs: "Herumdoktern an Einzelpunkten bringt nicht den nötigen Gesamteffekt. Österreich braucht die Vision Null Verkehrstote auf der Straße und ein Verkehrssicherheitsprogramm mit Biss", so Moser.

FPÖ: Abzockerei
Für die Freiheitlichen ist Faymanns Verkehrssicherheitspaket "nichts anderes als eine reine Geldbeschaffungsaktion", kritisierte Generalsekretär Harald Vilimsky. Sein Plan, die Geldstrafen bei Schnellfahren und Überschreiten der 0,5 Promille-Grenze "saftig nach oben zu schnalzen", sei "ein reines Abzock-Manöver". Er plädiert dafür, die Öffentlichkeit breit über die Gefahren von Alkoholkonsum aufzuklären.

VCÖ: dafür
Der Verkehrsclub Österreich begrüßt die geplanten strengeren Strafen für Alkolenker. Die zusätzlichen Verkehrssicherheitsmaßnahmen müssten nach Ansicht des Clubs bei den Hauptursachen der schweren Unfälle - Schnellfahren, Alkohol am Steuer und Ablenkung - ansetzen. Unter anderem solle das Vormerksystem entsprechend erweitert werden. Bis 31. Juli sei die Zahl der Alkoholunfälle um zehn Prozent auf 1.464 gestiegen. Im Durchschnitt verursachen Alkolenker in Österreich täglich sieben schwere Verkehrsunfälle, so die Verkehrsexperten.

ÖAMTC: interessant
Mario Rohracher vom ÖAMTC findet die Vorschläge "interessant". In einer Arbeitsgruppe, an der auch die Club-Experten teilnehmen werden, solle man alle Pros und Contras der einzelnen Maßnahmen diskutieren, forderte er. "Der ÖAMTC unterstützt jedenfalls alle Maßnahmen, die einen effektiven Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit leisten können." Wegen des nach wie vor hohen Unfallrisikos von Fahranfängern schlägt der Club außerdem die Verbesserung der Fahrausbildung und der Führerscheinprüfung vor.

Die Anhebung der Strafen auf mindestens 70 Euro bei Geschwindigkeitsübertretungen über 30 km/h hält der ÖAMTC aber nur unter zwei Bedingungen für diskutabel: "Einerseits müssen schikanöse Limits und unnötige Dauerbeschränkungen aufgehoben werden. Andererseits ist ein einheitliches Strafsystem in ganz Österreich nötig", so Rohracher. "Derzeit bezahlt man je nach Bundesland unterschiedliche Strafen bei gleichen Delikten. Das ist ein untragbarer Zustand."

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