Am Ballhausplatz

Regierungs-Streit um gestoppte Terror-Mauer

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Von den Regierungsparteien will keiner die umstrittene Mauer in Auftrag gegeben haben.

Die Regierungsparteien liefern sich weiterhin einen Schlagabtausch darüber, wer eigentlich die nun wieder abgesagten "Mauern" im Regierungsviertel ursprünglich wollte. Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) beklagte, man sei nicht informiert worden. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) wiederum kritisierte am Donnerstag gegenüber der APA den "plötzlichen Schwenk" des Kanzlers als "Posse".
 
Am Ballhausplatz vor dem Kanzleramt waren als Schutzvorkehrungen gegen Terror-Anschläge unter anderem fünf Mauer-Blöcke (jeweils rund acht Meter lang und 80 Zentimeter hoch und einen Meter breit mit Durchgängen dazwischen) sowie 15 fixe und zwei ausfahrbare Poller geplant. Nach tagelangen Protesten verfügte Kanzler Christian Kern (SPÖ) am Donnerstag schließlich einen Baustopp. Im Kanzleramt sieht man nun das Innenministerium gefordert, alternative Sicherheitskonzepte für neuralgische Punkte in der Stadt vorzulegen.
 
Poller Ballhausplatz
© TZOe
 
Der Innenminister reagierte darauf einigermaßen irritiert: "Eine saubere Lösung hätte man auch früher schon haben können", meinte er gegenüber der APA. Man stelle dem Kanzler "gerne nochmals" das ursprüngliche Sicherheitskonzept des Innenministeriums zum Regierungsviertel zur Verfügung, der eine Kombination aus Verkehrsberuhigung und Pollern vorgesehen habe. "Es waren das Bundeskanzleramt und die Stadt Wien, die eine Mauer haben wollten", betonte Sobotka. Auch der endgültige Auftrag zum Bau der Mauer sei aus dem Bundeskanzleramt gekommen. "Der Frage, wie viel Steuergeld bisher sprichwörtlich im Boden versenkt wurde, müssen sich die Stadt Wien und das Bundeskanzleramt stellen", merkte Sobotka süffisant an.
 
 
Für öffentliche Plätze in Wien gebe es außerdem "schon seit geraumer Zeit konkrete Vorschläge der zuständigen Landespolizeidirektion", die er gerne umgesetzt sähe, erklärte Sobotka, doch die letzte Entscheidung liege bei der Stadt Wien.
 

ÖSTERREICH: Warum haben Sie den Bau gestoppt?
Thomas Drozda: Das ist leichter zu erklären als die Entstehungsgeschichte dieser Mauer. Ich habe ein Gespräch mit dem Kanzler geführt und wir sind beide zur Erkenntnis gekommen: Diese Mauer ist ein verheerendes Signal – wir brauchen ein Sicherheitskonzept für die gesamte Bevölkerung und nicht nur fürs Regierungsviertel.
ÖSTERREICH: Hat Sie der Innenminister nicht informiert?
Drozda: Er hat mir versichert, dass er es selbst nicht gewusst hat. Das war Kakanien in Reinkultur. Es gab keine einzige politische Entscheidung – die haben jetzt wir getroffen. Ich habe davon aus Twitter erfahren – uns hat man gesagt, der Gehsteig werde verbreitert.
ÖSTERREICH: Was nun? Poller statt Mauern?
Drozda: Diese Mauer ist auf jeden Fall Geschichte. Es geht um Sicherheit für die Bevölkerung und auch um eine gewisse Verträglichkeit. Eine Mauer mitten am Ballhausplatz ist eine  städtebauliche Verheerung. 

(gü)

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