Kritik von Vranitzky

SPÖ: Zerreiß-Probe um Sicherungshaft

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Die SPÖ streitet nach Doskozil-Vorstoß und Kickl-Vorschlag über "Sicherungshaft".

In der SPÖ ist Feuer am Dach. „Natürlich ist das nicht mit Rechtsstaatlichkeit vereinbar“, sagt Ex-SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky in ÖSTERREICH. Ex-SP-Kanzler Christian Kern zeigte sich im kleinen Kreis fassungslos, dass eine „Sozialdemokratie, die sich ernst nimmt, überhaupt über eine Zustimmung nachdenken“ könne. Die von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl angedachte „Sicherungshaft“ für „gefährliche Asylwerber“ führt nun zu einer Zerreißprobe in der SPÖ.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wollte ­zunächst Gesprächsbereitschaft – die „Sicherungshaft“ bräuchte eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, also die Unterstützung einer Oppositionspartei – signalisieren. Und forderte eine „Taskforce“. Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil ventilierte dann aber eine präventive Haft für heimische Gefährder – etwa gewaltbereite Ehemänner oder Ex-Freunde.

In der SPÖ fühlt man sich ob Kickl und Doskozil nun an die dunkelsten Zeiten erinnert. Nikolaus Kern, ältester Sohn des Ex-Kanzlers, twitterte gar: „Kreisky war in Schutzhaft und nun wird sein Andenken mit Füßen getreten. Rote Linien muss man ziehen, sagte Pamela Rendi-Wagner vorgestern. Ich warte darauf, dass diese rote Linie nun gezogen wird“. Eveline Steinberger-Kern postete ebenfalls: „Unter dem euphemistischen Begriff Schutzhaft wurden in der Zeit des Nationalsozialismus Regimegegner allein aufgrund polizeilicher Anordnung inhaftiert.“

Kreiskys „Schutzhaft“

Tatsächlich wurde der legendäre SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky 1938 von der Gestapo in sogenannte „Schutzhaft“ genommen – weil er jüdischen Glaubens war. Ex-SPÖ-Geschäftsführer Max Lercher kritisierte den Plan der „Sicherungshaft“ daher als „rechtsextrem“.

Falle

Tatsächlich befürchteten SPÖ-Berater, dass sie in eine von der FPÖ „gestellte Falle geraten“ würden, wenn sie Diskus­sionen ablehnen würden. Stattdessen streiten nun wieder die Lager in der SPÖ über eine Haft, die ohne Richter verhängt werden soll. (Isabelle Daniel)

 

Ex-Kanzler Vranitzky: "Das geht natürlich gar nicht"

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu der SPÖ-internen Debatte über die „Sicherungshaft“? Doskozil will sie ja auf alle erweitern …

Franz Vranitzky: Ich denke, es ist richtig von Rendi-Wagner, dass sie von Kickl wissen will, was man im bestehenden Rechtsrahmen hätte tun können, um Dornbirn zu verhindern. Das gehört restlos aufgeklärt. Immerhin erklären Rechtsprofessoren, dass die bestehenden Rechtsmöglichkeiten ausreichend wären – zum Beispiel das Instrument der Schubhaft.

ÖSTERREICH: Doskozil ist aber gesprächsbereit über diese präventive Haft …

Vranitzky: Das, was Doskozil gesagt hat, ist seine Meinung. Das sollte aber nicht davon ablenken, dass der Hund bei Kickls Vorschlag begraben liegt. Er schießt Blind­raketen ab, die Stimmungen schüren sollen, aber keine Probleme lösen.

ÖSTERREICH: Wäre eine Sicherungshaft mit unserem Rechtsstaat vereinbar?

Vranitzky: Nein, natürlich nicht. Das geht gar nicht.

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